
Unseren zweiten Tag am Forggensee verbrachten wir mit einer
Cabriofahrt durch das Ostallgäu. In der Nähe des Forggensees
gibt es neben der schönen Landschaft und dem Pflichtprogramm
Neuschwanstein nämlich noch eine Menge anderer Sehenswürdigkeiten zu
bewundern. Da ist zunächst die Wieskirche zu nennen, die zum
Welterbe der UNESCO zählt. Diesen Titel hat sie vor allem ihrer
prächtigen Innenausstattung zu verdanken, von außen wirkt sie nicht
besonders auffällig.
Die Wieskirche steht exemplarisch für
eine Reihe vergleichbarer Bauten im sog. "Pfaffenwinkel",
dieser besonders frommen Region Bayerns. Bei unserem Eintreffen war
passenderweise gerade eine Messe im Gange, die wir andächtig
besuchten. Der Name Wieskirche leitet sich sicherlich vom Ort Wies
ab, in dem sie steht, ist aber durchaus doppeldeutig zu verstehen,
denn rund um die Kirche herum gibt es (neben den unvermeidlichen
Andenkenläden und Biergärten) nur Felder und Wiesen zu sehen.
Etwas urbaner geht es in Oberammergau zu, unserer zweiten
Station. Oberammergau war der vielleicht schönste Ort auf unserer
Rundfahrt. Bekannt ist es für seine Passionsspiele, in denen die
Bewohner die letzten Tage Jesu nachstellen. Sie finden alle 10 Jahre
statt, das nächste Mal 2010. Aber auch ohne Passionsspiele sollte
man einen Spaziergang durch den Ort nicht versäumen. Uns fielen vor
allem die zahlreichen alten, typisch bayerischen Häuser mit
ihren Ornamenten, Holzbalkonen und Blumenkästen vor den Fenstern
positiv auf. Und Oberammergau ist ein Eldorado der Holzschnitzer!
In Münster hätte man mit einem Laden für Holzschnitzarbeiten ein
Monopol, hier reihte sich hingegen Geschäft an Geschäft. Mitten im
Hochsommer standen Weihnachtskrippen in den Schaufenstern.
Unweit von Oberammergau liegt Ettal,
das besonders durch sein gleichnamiges Kloster Ettal bekannt
ist. Dieses Benediktinerkloster wurde zwischen 1330 und 1370
errichtet, der jetzige Zustand wurde nach einem Brand 1744
geschaffen, der die ursprüngliche Bausubstanz nahezu vollständig
zerstörte. Als wir im Reiseführer lasen, dass dem Kloster eine
Brauerei und Destillerie angeschlossen seien, befürchteten wir nach
dem Debakel im Kloster Andechs schon das Schlimmste. Aber grundlos,
denn hier gibt es in den Klostermauern keinen Biergarten; auch
Brezn, Haxn und Leberkäs sucht man vergeblich. Die
Touristenattraktion ist vielmehr das Kloster selbst:
Dritter und letzter Halt des Tages war
Schloss Linderhof, erbaut von - wie könnte es anders sein -
Ludwig II. von Bayern. Wobei "Schlösschen" Linderhof des Pudels Kern
besser treffen würde, denn der Bau ist nicht besonders groß. Ludwig
II. hielt sich die meiste Zeit hier auf, er führte seine
Regierungsgeschäfte mittels Boten. Schon daran kann man sehen, dass
ihn Staatsangelegenheiten überhaupt nicht interessierten. Für ihn
waren Kunst, Architektur, Essen und - zunehmend - Trinken wichtig.
Seine Ruhe hatte er jedenfalls in Schloss Linderhof und dem riesigen
Park, der es umgibt.
Cooles Feature übrigens: Der Tisch im
großen Speisesaal kann durch eine Mechanik nach unten in die Küche
versenkt werden. Dort wurde er dann gedeckt und von Hand wieder nach
oben gekurbelt. Anstrengend, wenn man bedenkt, dass Ludwig II. gern
und viel aß (bis zu neun Gänge pro Mahlzeit, sagt man).

Am letzten Tag unserer Bayerntour besuchten wir den Bodensee. Von
Füssen aus ist er über Landstraßen gemütlich in zwei Stunden zu
erreichen. Der Weg führt durch viele kleine Dörfer mit den für
Bayern typischen Zwiebelhauben auf den Kirchtürmen. Erste Adresse am
Bodensee ist Lindau, das mir von Berufs wegen durch das
Lindauer Abkommen bekannt ist. Lindau liegt zum Teil auf
einer Insel im Bodensee, die nur über eine einzige Brücke zugänglich
ist und auf der weitgehend Autoverbot herrscht. Letzteres wirkt sich
enorm positiv auf die Atmosphäre aus, die ich als gediegen
bezeichnen würde. Highlight des Ortes ist der Hafen, dessen
Einfahrt zur Linken vom bayerischen Löwen und zur Rechten von einem
Leuchtturm eingerahmt wird.
In regem Takt fahren Ausflugsdampfer ab,
auch eine regelmäßige Fährverbindung nach Bregenz gibt es. Etwas
windig war es, die Gischt spritzte über die Hafenmauer. Dennoch
herrschte eine sommerlich-lauschige Atmosphäre, und neben einem
Kaffee fanden wir noch Zeit, uns von einem Maler an der
Uferpromenade porträtieren
(besser gesagt karikieren) zu lassen.
Bregenz war die letzte Station
auf unserer Reise. Der Bodensee ist bekanntlich ein Dreiländersee,
von dem Österreich jedoch nur einen schmalen Korridor von knapp 30km
abbekommen hat. Eben in diesem Korridor liegt Bregenz, unweit von
Lindau. Allerdings macht es keinen Spaß, von Lindau nach Bregenz zu
fahren, denn die Bundesstraße 13 ist ein einziger Stau.
Überhaupt sollte man alle Straßen rund um den Bodensee nach
Möglichkeit meiden, weil sie total verstopft sind und es im Übrigen
nichts zu sehen gibt - der See lässt sich nur an ganz wenigen
Stellen blicken.
Einen herrlichen Blick über den See hat man allerdings, wenn man
sich von der Seilbahn auf den Bregenzer Hausberg Pfänder
bringen lässt (links ist Bregenz, rechts oben die Insel Lindau zu
erkennen):
Das Geschehen auf dem Gipfel kann man
mit der Zugspitze vergleichen, auch wenn es auf dem Pfänder
mindestens dreißig Grad wärmer war, denn auch hier dominiert ein gut
besuchter Biergarten, in dem neben Bier allerlei alpenländische
Spezialitäten angeboten werden. Wir stärkten uns für die
Rückfahrt mit einem Wiener Schnitzel (Ehrensache in Österreich!) und
- als letzte Reminiszenz an Bayern - mit einem Zwetschgendatschi.
Letzterer sorgte dafür, dass wir nicht nur für die sechs Stunden
Rückfahrt, sondern noch zwei Tage danach vollständig gesättigt
waren.
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