Dollart 2005

Der 02.04.2005 war er erste wirklich frühlingshafte Tag des Jahres, wie geschaffen für einen Cabrio-Ausflug. Da schon unter der Woche klar war, dass es am Wochenende gutes Wetter geben würde, wälzten wir diverse Tourenbücher. Eines schlug eine Tagestour um den Dollart herum vor. Der Dollart ist bekanntlich die tief in das Festland hinein ragende Bucht, in der die Ems in die Nordsee mündet. Auf einer Rundstrecke sollte es von Leer über Ditzum, Simonswolde, Großefehn und Hesel zurück nach Leer gehen. 

Um 9 Uhr morgens ging es also bei herrlichem Wetter los. In ziemlich genau einer Stunde ist man von Münster aus über die B54 und die endlich fertig gestellte, wenig befahrene A31 in Haren (Ems). Eigentlich sind es von dort aus noch gute 60 Kilometer bis zum vorgeschlagenen Startort Leer, aber wir hatten keine Lust mehr, die Autobahn zu benutzen. Also fuhren wir einfach ab. Von Haren aus ist es nämlich nur ein Katzensprung bis nach Holland, und ich kann nur sagen, dass es sich wirklich gelohnt, diesen kleinen Umweg zu machen und sich in Holland durch die kleinen Dörfer gen Norden treiben zu lassen. Das Leben dort scheint sehr beschaulich zu sein. Bei uns ist an einem Samstagmorgen gegen 10 Uhr in den meisten Ortschaften sicher auch nicht viel los, aber in Holland waren die Bürgersteige noch hochgeklappt. Kaum jemals sah man eine Menschenseele, und wenn, dann Bauern auf dem Feld oder Hobbygärtner beim Rasenmähen.

Sowohl die holländischen Dörfer wie Ten Apel, Sellingen und Viagtwedde, als auch das Städtchen Winschoten machten übrigens einen ausgezeichneten Eindruck auf uns. Straßen, Häuser und Vorgärten waren sehr sauber, und gerade viele ältere Häuser waren hübsch restauriert. Der gemeine Holländer scheint auch Gartenfreund zu sein, denn viele Vorgärten waren sehr liebevoll gepflegt. Wenn ich an den Holländern überhaupt eine Kritik anmelden will, dann an ihren Straßenverkehrsbehörden wegen der sehr spärlichen Beschilderung. Offenbar rechnet man nicht damit, dass sich Ortsfremde in diese Gegend verirren...

Hinter Winschoten ging es über Beerta wieder zurück nach Deutschland. Aber nicht wie ursprünglich geplant nach Leer, sondern zunächst weiter gen Norden nach Ditzum, das unmittelbar an der Mündung der Ems in den Dollart liegt. Wir wollten nämlich eigentlich in Leer Fisch essen, und es war uns einfach noch zu früh für eine Mahlzeit.

In Ditzum kann man sich den kleinen Sielhafen ansehen (Achtung: Keine Parkplätze, deshalb lieber rechtzeitig vorher etwas suchen!) oder die Anlegestelle der Fähre in Augenschein nehmen, die nach Borkum übersetzt. Von dort aus hat man einen besonders guten Blick auf das Ditzumer Siel. Im Dorf sind der einem Leuchtturm ähnelnde Kirchturm, eine Windmühle und die malerisch über das Sieltief geschwungene Holzbrücke (alle drei im Bild links vereint) besonders sehenswert. Man kann auch einen Deichspatziergang machen oder frischen Fisch essen. 

Von Ditzum aus folgten wir der Ems südwärts, um sie bei Bingum zu überqueren. Leer ließen wir südöstlich liegen und fuhren auf der anderen Seite der Ems wieder hinauf, via Torborg und Oldersum landeinwärts nach Ihlow. Unterwegs sahen wir riesige Schwärme von Vögeln, die sich auf den Feldern nieder ließen. Etwas südlich von Ihlow liegt Sandwater, ein in eine wunderschöne, stille Moorlandschaft eingebetteter See. Ich bereue es etwas, dass wir dort nur kurz anhielten, denn man hätte bei herrlichem Wetter sicher eine Stunde nur dasitzen und die Enten auf dem Wasser beobachten können.

Die nun folgende Strecke zwischen Ihlow und Westgroßefehn war der vielleicht schönste Abschnitt des ganzen Ausflugs. Zahllose kleine Kanäle ziehen durch das Land, und auf der "Deutschen Fehnroute" ("Fehn" kommt aus dem Holländischen und bedeutet soviel wie Moorlandschaft) kann man stundenlang an diesen feinen Wasseradern entlang fahren. Hin und wieder kommt man durch einen kleinen Ort, und entlang der Großefehener Mühlstraße tritt Deutschland den Beweis an, dass es nicht nur in Holland schöne Windmühlen gibt (Bild rechts). Wenn man Glück hat, sieht man auch das eine oder andere alte Kanalschiff, die ihre ursprüngliche Funktion als Transportmittel natürlich längst eingebüßt haben und heute mehr als Blickfang dienen. Abgesehen von der Schönheit der Landschaft ist die Strecke auch toll zu fahren. Wir stießen stundenlang nicht auf eine einzige Ampel, bestenfalls einmal auf einen Kreisverkehr. Verkehr gab es überhaupt nicht.

Von Großefehn aus fuhren wir dann gen Süden über Hesel nach Leer. Mittlerweile war es 15 Uhr geworden, und wir wollten nun endlich unseren Fisch essen. Nur leider hatte man in Leer bereits den Betrieb eingestellt. In der ganzen Stadt, einschließlich zweier Hotels, hatte kein Restaurant mehr geöffnet. Am Hafen hätte man ein Fischbrötchen bekommen können, und auf dem Stadtfest, das zufällig gerade stattfand, hätte es Shrimps mit Knoblauchsauce gegeben. Aber meine erträumte Kutterscholle frisch aus dem Netz gab es einfach nicht. Eine echte Enttäuschung, die wir auch nicht ganz verstanden haben. Wo gibt es denn eine Stadt, die nicht unerheblich vom Fremdenverkehr abhängt, in der selbst der Ratskeller Samstags um 14 Uhr schließt? In Münster wüsste ich sicherlich auf Anhieb ein Dutzend Gelegenheiten, an einem Samstag Nachmittag Fisch zu essen, in Leer konnte uns niemand auch nur eine empfehlen. Nun, dann eben nicht.

Für den Rückweg nahmen wir dann die Autobahn A31 und die B54, also mit Ausnahme des Abstechers nach Holland genau den Weg, auf dem wir gekommen waren. Am späten Nachmittag trafen wir dann wieder in Münster ein, wo wir wenig später eine der eben erwähnten Dutzend Gelegenheiten nutzten, um doch noch Fisch zu essen - unseren Stammitaliener nämlich. 

Sicherlich hätte man auch zwei Tage aus dieser Tour machen können, und wir haben uns auch vorgenommen, uns beim nächsten Mal noch etwas mehr Zeit zu nehmen. Aber auch an diesem einen Tag haben wir einen sehr positiven Eindruck von der Gegend um den Dollart herum gewonnen, und wir sind bestimmt nicht zum letzten Mal dort gewesen. Speziell Ausflüge nach Holland sind für die nahe Zukunft fest verabredet.

Fotos:

  

 
Holzbrücke in Ditzum.
 


Moorlandschaft Sandwater.



Impression entlang der "Deutschen Fehnroute".



Eine Sehenswürdigkeit entlang der "Großefehener Mühlstraße".
  

 

Homepage