Unverhofft kommt oft. 2008 hatten wir über Ostern noch
Schneetreiben, in diesem Jahr hingegen würde die Sonne scheinen und
uns Temperaturen bis 25 Grad bescheren. So jedenfalls kündigte es
der Wetterbericht am Gründonnerstag an. Grund genug für uns, eine
spontane Cabriotour in die benachbarten
Niederlande zu
unternehmen.
Zum IJsselmeer genauer gesagt, das von Münster
aus in erreichbarer Nähe liegt. Der Weg dorthin sollte bereits Teil
des Ziels sein, denn die über
Ostern traditionell
verstopften Autobahnen wollten wir zugunsten grüner Landstraßen meiden. Eine
genaue Route legten wir nicht fest, nur die grobe Richtung. Klar war
lediglich, dass wir in Urk oder Umgebung übernachten würden,
und am zweiten Tag auf der A7 jenen Abschlussdamm befahren wollten, der das
IJsselmeer zum Binnenmeer macht. Über 29 Kilometer führt die
Autobahn dort mitten durchs Wasser. Die landschaftlich besonders
schöne Havenstedenroute würden wir zwangsläufig streifen.
Am
Ende ist Folgendes dabei herausgekommen: Start und Ziel
des Ausflugs war Münster in Westfalen. Von dortaus ging es
zunächst Richtung Westen nach Holland, sodann nördlich über
Zwolle nach Kampen, das an der IJssel liegt. Sodann fuhren
wir entgegen dem Uhrzeigersinn einmal um das IJsselmeer, wobei
wir in Urk einen längeren Stop einlegten und in Lemmer
übernachteten. Am zweiten Tag nahmen wir einen kleinen Umweg
über Stavoren bis zum nordöstlichen Ende des Abschlussdeichs,
der die Provinzen Noord-Holland und Fryslan verbindet.
Am anderen Ende in Den Ouver verließen wir die A7 wieder, um
auf Nebenstraßen bis Enkhuizen zu gelangen, wo ein zweites Mal
die Überquerung des IJsselmeeres anstand. Auf der Heimfahrt
nahmen wir die Autobahn über Deventer und Enschede bis
Gronau-Epe, und von dortaus unsere "Hausstrecke" über die
Felder zurück nach Münster.
Dass man in Holland ist, merkt man sofort. Als Autofahrer natürlich
schon an den Straßenschildern, aber auch anhand der Häuser entlang
des Weges. Typisch niederländisch sind die weißen Dachgiebel und die
herausgeputzten Vorgärten. Selbst bescheidene Reihenhäuser verfügen
serienweise über Anlagen, die Versailles Ehre machen würden. Fotos
wie das Folgende hätten wir im Dutzend schießen können:
Überhaupt muss man sagen, dass sich das
ganze Land sehr gepflegt und aufgeräumt präsentiert, ohne bieder zu
wirken. Geprägt wird die Landschaft natürlich durch das
allgegenwärtige Wasser. Einen ersten Vorgeschmack bot uns das kurze
Stück von Deventer bis Zwolle, dass wir auf einer Nebenstraße
entlang der IJssel zurücklegten ("IJssel" und "IJsselmeer" schreiben
sich übrigens tatsächlich mit zwei Großbuchstaben am Wortanfang, weil "IJ" im
niederländischen eine
Ligatur ist). Jene Nebenstraße entpuppte sich als
Panoramastrecke erster Güte. Kritisch beäugt von lokal ansässigen
Schafen konnten wir sogar einen Storch in seinem Nest beobachten:
Gegen Mittag machten wir in Kampen
Halt, einem kleinen Städtchen an der IJssel, das über einen netten
Binnenhafen verfügt (Bild unten links). Am "Pier
1" tranken wir einen Cappucino in der Sonne, am Markt aßen wir eine Kleinigkeit. Dort herrschte
bei bestem Wetter eine Biergartenatmosphäre wie am
Viktualienmarkt.
Kurz hinter Kampen machten wir dann zum
ersten Mal mit einer Einrichtung Bekanntschaft, die man im
Münsterland vergeblich sucht: der Klappbrücke. In Holland
gibt es unzählige von ihnen, darunter nicht wenige mit hoch
angebrachtem Gegengewicht, die aussehen wie einem
van-Gogh-Bild entsprungen. Sie gehören zu dieser Landschaft wie
das Wasser und die unvermeidlichen Windmühlen. Weniger schön
für den Autofahrer sind sie in aufgeklapptem Zustand.
Am frühen Nachmittag erreichten wir Urk, das schon
unmittelbar am IJsselmeer liegt. Der Hafen dort (im Bild zu sehen
ganz oben auf dieser Seite) ist noch einmal
deutlich schöner als der in Kampen, vor allem weil er so beschaulich
ist. Zudem gibt es in unmittelbarer Nähe des Hafens eine kleine Anhöhe,
auf der Parkbänke zum verweilen einladen. Selbst an diesem
Ostersamstag waren wir hier allein und konnten den Blick über das
IJsselmeer in aller Ruhe genießen.
Letzte Station dieses ersten Tages war
Lemmer, ein Küstenort ca. 35km nördlich von Urk. Dort gibt es einen
großen Jachthafen, in dessen unmittelbarer Nähe wir ein Hotel
fanden. Das (leichte) Abendessen nahmen wir dort in einem
Wintergarten ein, von dem aus man den ganzen Hafen überblicken
konnte.
Am nächsten Morgen konnten wir es kaum erwarten, endlich jenen
Abschlussdamm zwischen Zurich und Den Oever zu
erreichen,
der das IJsselmeer von der Nordsee trennt. Der direkte Weg hätte
entlang der B 359 bis Bolsward geführt, und dort auf die A7. Doch
zum Glück zügelten wir unsere Neugier und entschieden uns für einen
kleinen Umweg, der entlang der Havenstedenroute über
Stavoren und Workum führte. Dieser Abschnitt war der
vielleicht Schönste der ganzen Fahrt. Das grüne Land zur Rechten,
das Meer zur Linken.
Der Abschlussdamm ist streng genommen ja
kein Damm, denn ein solcher trennt Festland und Wasser, während der
Afsluitdijk, wie er auf niederländisch heißt, mitten durch
das Wasser führt. Und zwar ganze 29km lang. Was ist dagegen schon
eine
Seven Mile Bridge? Ungefähr fünf Kilometer vor Den Oever führt
eine Fußgängerbrücke quer über die Fahrbahn zu einem Aussichtsturm,
den man gratis erklimmen kann. Die Aussicht ist spektakulär:
Wie man sieht, hat man aus Zurich
kommend zur Rechten den Deich, hinter dem die Nordsee beginnt,
während man zur Linken über das Wasser des IJsselmeeres blickt. Wenn
man es sich aussuchen kann, sollte man vielleicht in umgekehrter
Richtung fahren, also von Den Oever nach Zurich, dann ist man näher
am Wasser. Aber auch so war die Strecke schön genug. Verkehr gab es
kaum, und das Wetter war herrlich.
In Den Oever angekommen, bewährte sich erneut unsere Taktik,
möglichst abseits der ausgetretenen Pfade zu fahren. Die Strecke
nach Enkhuizen führt unmittelbar am Wasser entlang. Dass die
Landschaft hin und wieder von einem Dörfchen unterbrochen wird,
stört das Auge nicht wirklich:
Hinter Enkuizen teilt der Houtribdijk
IJsselmeer und Markermeer. Entlang der B 302 überquerten wir also
ein zweites Mal das Wasser, wobei dieses Stück dem Afsluitdijk in
puncto Länge (28km) und Panorama wenig bis nichts nachsteht. Da es
hier keine Autobahn, sondern nur eine Bundesstraße gibt, ist man
sogar noch näher am Wasser.
Am anderen Ufer angekommen, lag der Großteil unserer Fahrt schon
hinter uns. Die B 302 brachte uns hinter Harderwijk auf die
A1, und diese schnurstracks über Deventer und Enschede
nach Deutschland. Zurück in der Heimat gönnten wir uns noch ein
leckeres Steak im
besten
Steakhaus der Welt in Gronau-Epe, wo der Gast noch König
ist und das Essen überragend schmeckt. Von Epe aus führt eine schöne
Strecke ca. eine Stunde durch die Felder bis nach Münster, wo wir am
späten Nachmittag ankamen - voll bis oben hin umd um viele Eindrücke
reicher. |