KarfreitagVorgeschichte
Wir schreiben das Jahr 1980. Es mag auch 1979 oder 1981 gewesen sein,
aber jedenfalls ist es verdammt lang her. 1980 war ein großartiges,
ereignisreiches Jahr. Deutschland wurde unangefochten
Fußball-Europameister, Sarah Connor und Christina Aguilera wurden
geboren, Alfred Hitchcock, Bon Scott und Jean-Paul Satre starben. Vor
allem aber sah ich zum
ersten Mal den Film "Des Königs Admiral" mit Gregory
Peck und Virginia Mayo in den Hauptrollen im Fernsehen. Sofort
faszinierte mich die Geschichte um den tapferen, aber etwas hölzernen
Kapitän Horatio
Hornblower (Peck), der einen übermächtigen Feind besiegt und sich
schließlich in die vornehme Lady Barbara (Mayo) aus adeligem Hause
verliebt, obwohl er selbst bürgerlich verheiratet ist. Wann immer der
Film wiederholt wird, sitze ich bis zum heutigen Tage vor dem Fernseher,
obwohl ich ihn längst auswendig kann und auf Video besitze. For
ol' times sake.
22 Jahre später tausche ich in meinem Büro mit meinem Freund
und Kollegen Uwe Erinnerungen an unsere Lieblingsfilme aus (in der
Mittagspause, natürlich). Die Sprache kommt auf "Des Königs
Admiral", woraufhin Uwe wie beiläufig erwähnt, dass es
bekanntlich eine ganze Romanserie zu Kapitän Hornblower gibt. In diesem
Moment schlug bei mir der Blitz ein! Ich hatte nicht die leiseste
Ahnung! Aber es ist ja nie zu spät für Bildung, und 22 Jahre nach
meiner ersten Begegnung mit Horatio Hornblower legte ich mir die
Romanserie zu, wobei ich die ca. 3.500 Seiten in vielleicht 3 Monaten
durchlas. Seither bin ich Hornblower-Experte, Eigentümer zahlreicher
maritimer Romane und Kenner der Seekriegs-Geschichte zwischen 1750 und
1830, also der Zeit der großen Linienschiffe und Fregatten, mit denen
die Seefahrer-Nationen, allen voran England, die Weltmeere beherrschten.
Das wohl berühmteste aller hölzernen Kriegsschiffe aus jener Zeit ist
die HMS Victory, mit der Lord Horatio Nelson 1805 vor Kap
Trafalgar die Vereinigte Flotte aus Franzosen und Spaniern unter
Villeneuve besiegte und so nicht nur England vor
der Invasion Napoleons rettete, sondern seinem Land auch die
uneingeschränkte Seeherrschaft für die nächsten 150 Jahre sicherte.
Nelson selbst fiel in der Schlacht, aber ausgerechnet sein Flaggschiff,
die HMS Victory, hat sich als einziges Schiff ihrer Zeit bis heute
erhalten. Sie - Schiffe werden feminin angesprochen - liegt im Portsmouth Historic Dockyard
auf dem Trockendock und ist der Allgemeinheit zugänglich. Natürlich
musste ich früher oder später dorthin, und natürlich hat meine liebe
Freundin Susanne diesen Wunsch aufgeschnappt und mit einem tollen
Weihnachtsgeschenk erfüllt: Ostern 2004 sollte es über London
zum eigentlichen Ziel nach Portsmouth gehen. Hurra!
Anreise
Unser Flug ging von Münster nach London Stansted. Dieser Flughafen ist
per Bahn ("Stansted Express") wunderbar an London angebunden,
in ca. 30 Minuten erreicht man die Liverpool Station im Herzen der
Stadt. Von dort aus schlugen wir uns per U-Bahn, die übrigens nicht
etwa "Subway", sondern "Underground" genannt wird,
in unser Hotel durch, das unmittelbar gegenüber vom BBC-Gebäude lag.
Selbiges wurde gerade renoviert und war zu diesem Zweck mit Gerüsten
eingekleidet und von Baukränen umringt. Sicherlich wäre die Lärmkulisse
unter der Woche kein Vergnügen für Hotelgäste gewesen, aber wir waren
ja über die Feiertage dort. Glück gehabt.
Sightseeing
Da unser Flug schon um 6 Uhr morgens ging, waren wir bereits gegen 8 Uhr
am Hotel und keine halbe Stunde später unterwegs in London. Natürlich
führte unser erster Weg zum Trafalgar Square, in dessen Mitte Lord
Nelson auf einer unendlich hohen Säule thront. Die Statue ist übrigens
Nelson hervorragend nachempfunden, selbst die Gesichtszüge sind so in
Stein gehauen, wie man sie aus zeitgenössischen Gemälden kennt. Und
selbstverständlich fehlt ihm auch der rechte Arm, den er 1797 bei einer
misslungenen Landung auf Teneriffa verlor.
Das Wetter in London war für ein April-Wochenende sehr gut, etwas bewölkt
zwar, aber mit Auflockerungen und trocken. Wir entschieden uns daher, an
diesem Tag einige Outdoor-Besichtigungen vorzunehmen - wer weiß, wie
das Wetter an den kommenden Tagen wird, und ins Museum kann man immer
noch. Zwar waren wir schon einmal in London, aber den Buckingham-Palast
mussten wir uns natürlich ein zweites Mal ansehen, zumal er nur einen
Katzensprung vom Trafalgar Square entfernt ist. Leider war Lisbeth
wieder nicht zuhause bzw. hat sich nicht blicken lassen. Charly und die
Jungs auch nicht. Dafür jede Menge Touristen, die auf den Wachwechsel
der königlichen Leibwache warteten. Selbiger ist eine bessere Schützenfest-Parade
mit Kostümen, die wir damals schon gesehen hatten und diesmal ausließen.
London Eye
Stattdessen machten wir uns am Big Ben vorbei auf zum London
Eye, dem Riesenrad, in dessen gläsernen, ostereiförmigen Gondeln
man einen hervorragenden Ausblick über die ganze Stadt haben soll.
Leider war diese Attraktion, die es bei unserem ersten London-Aufenthalt
noch nicht gab, selbst zu so früher Stunde bereits komplett
überlaufen, und so mussten wir uns in die gefürchteten
Endlos-Schlangen anstellen, von denen uns bereits im Vorfeld berichtet
worden war. Jawohl, Schlangen, Plural. Eine am Schalter zum
Erwerb der Tickets (11,50 Pfund pro Nase) und eine weitere vor dem
Riesenrad selbst zum Einlass. Dass man die Wartezeit auf die Hälfte
hätte verringern können, wenn man Ticket-Verkauf und Einlass verbunden
hätte, hat den Betreibern offensichtlich noch keiner gesagt. Aber gut,
wenn man einmal 'drin ist, in unserem Fall nach knapp zwei Stunden, kann
man wirklich einen schönen Ausblick über die Stadt genießen. Für
Foto-Freunde ist dieser allerdings nur bedingt zu empfehlen, da man sich
die Gondel mit ca. 15 anderen Personen teilen muss, die immer irgendwie
das Motiv versperren. Vor allem aber sind die Eisenträger des
Riesenrads einfach nicht aus dem Bild zu kriegen. Naja, für ein Foto
von Big Ben (genauer: Des Turms, in dem Big Ben hängt, siehe kleines
Bild links) hat es trotzdem gereicht.
Vom London Eye aus gingen wir an der Themse entlang zur Tate Gallery,
deren Exponate wir einer kurzen Besichtigung unterzogen, und von dort
aus über die Millenium Bridge, übrigens einer weiteren
Veränderung des Stadtbildes seit unserem letzten Besuch, zur St. Paul's Cathedral,
in der u.a. Prinz Charles und Lady Diana getraut worden waren. In deren
Nähe befindet sich praktischerweise eine U-Bahn-Station, denn wir
mussten dringend zurück ins Hotel, sonst wären wir auf offener Straße
vor Müdigkeit eingeschlafen.
Bilder:
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