Wo bleibt die globale Erwärmung, wenn man sie braucht? Diese Frage stellte man sich als Münsteraner von Oktober 2009 bis Mai 2010 nahezu täglich, denn in dieser Zeit erfuhren wir nichts als Kälte und Regen. Der einzig mögliche Ausweg war - na klar! - die Flucht in den Süden, wobei wir uns
sicherheitshalber für Portugal entschieden, genauer gesagt Südportugal, wo die Sonne eigentlich immer scheint.

Eine Woche lang fuhren wir also im Mai 2010 mit dem Cabrio von Faro aus zunächst die Algarveküste entlang, wobei wir einen kleinen Abstecher in die Serra de Monchique wagten. Am Südwestzipfel der Algarve, in Sagres, wendeten wir uns gen Norden, um über Setubal nach Lissabon zu gelangen. Die Hauptstadt Portugals und ihre kleine Schwester Sintra unterzogen wir einer ausgiebigen Besichtigung, bevor wir nach Óbidos weiter fuhren, dem nördlichsten Punkt unserer Rundreise. Von dort aus ging es über Évora zurück an die Algarveküste, wobei wir spontan noch Tavira einen Kurzbesuch abstatteten, bevor uns der Flieger von Faro aus zurück nach Deutschland brachte.

Die Anreise verlief problemlos, wenn man einmal davon absieht, dass Air Berlin noch kurz vor Reiseantritt die Flugzeiten komplett über den Haufen warf (was übrigens nichts mit der legendären Aschewolke aus Island zu tun hatte, die uns im Vorfeld zwar in Atem hielt, sich letztlich aber in keinster Weise auf unsere Reise auswirkte). Wir hatten absichtlich einen Hinflug am frühen Morgen und einen Rückflug am späten Abend ausgesucht, um dadurch zwei Urlaubstage zu gewinnen, und plötzlich - nachdem alle Hotels fest gebucht waren - drehte Air Berlin diese Zeiten einfach um: Ankunft 19 Uhr, Abflug 5.45 Uhr! Übrigens waren nicht nur unsere Flüge betroffen, sondern auch so gut wie alle anderen davor und danach. Air Berlin stellt einfach irgendwelche Fantasiezeiten ins Internet, die sich möglichst günstig lesen, um Kunden anzulocken, und wenn man gebucht hat, teilen sie einem zwei Wochen vor Reisebeginn die wirklichen Zeiten mit. Eine schmucklose Mail, so ist das dann - fertig!

Den späten Hinflug haben wir zähneknirschend akzeptieren müssen, aber der frühe Rückflug ging wegen des bereits gebuchten Hotels gar nicht. Wir hätten mitten in der Nacht aufstehen und 200 km von Évora nach Faro fahren müssen. Im Ergebnis hatten wir noch Glück im Unglück, dass wir auf eine andere Maschine umbuchen konnten, die um 18.55 Uhr ging. Allerdings  nicht zurück nach Münster, sondern nach Düsseldorf. Wie wir von dort um 23 Uhr nach Münster kommen würden, blieb natürlich unsere Sache.
 

In Faro angekommen übernahmen wir zunächst das über billiger-mietwagen.de gebuchte Cabrio, einen silbernen Renault Megane (Diesel), der uns die Woche über treue Dienste leistete. Wir haben übrigens schon einige Male bei billiger-mietwagen.de gebucht und waren immer vollauf zufrieden: Unschlagbar günstiger Preis, absolute Zuverlässigkeit und hervorragender Service zeichnen diesen Anbieter aus.
 

Wegen der erwähnten Flugverschiebung blieb nach Verlassen des Flughafens nicht mehr viel Zeit vor dem Abendessen. Wir fuhren daher direkt zu unserem ersten Hotel, dem Palácio de Estoi, 10km nördlich von Faro gelegen. Nach dem Vorbild der spanischen Paradores betreiben auch die Portugiesen eine staatliche Hotelkette, die sich Komfort und Atmosphäre auf ihre Fahnen geschrieben hat. Mittlerweile existieren über 40 solcher Pousadas, zumeist in ehemaligen Burgen, Schlössern und Palästen. Der erst 2009 zum Hotel umfunktionierte Palácio de Estoi ist das jüngste Mitglied der Pousadafamilie.
 

Am nächsten Morgen ging es zurück nach Faro, wo wir die Innenstadt besichtigten. Weltwunder gibt es dort zwar nicht, aber ein kurzer Besuch lohnt sich dennoch. Hauptsehenswürdigkeit Faros ist wohl die Igreja do Carmo (Bild unten in der Mitte), welche die wohl makaberste "Attraktion" Faros, die Capela dos Ossos beherbergt, die aus über 1.200 Skeletten errichtet wurde (Bild unten rechts). Der Bau von Knochenkapellen scheint eine Spezialität Südportugals zu sein, in Faro gibt es gleich zwei davon, in Évora gar eine aus über 5.000 Skeletten. Die "Spender" waren laut Reiseführer überwiegend Mönche.

Von dem Glockenturm der Kathedrale "Se" hat man einen schönen Blick über Faro und das Meer, allerdings ist der Aufstieg - ebenso wie der Besuch der Capela dos Ossos - gebührenpflichtig.

Gratis und weitaus weniger gruftig ist hingegen ein Bummel durch die Altstadt, die aus den für die Algarveregion typischen weißen Häusern mit ihren hellroten Romanziegeln besteht. Auf manchen Gebäuden haben sich sogar Störche eingenistet. Wenn man genau hinsieht, erkennt man sie auch auf dem alten Stadttor Arco da Vila (Bild unten links). Die Störche blieben uns übrigens in ganz Südportugal treu, immer wieder einmal sah man bewohnte Nester auf Gebäuden, Bäumen oder Masten. 
 


An der Algarveküste gibt es leider keine Straße am Wasser entlang. Die zahllosen Küstenörtchen erreicht man vielmehr durch immer neue Abstecher von der Autobahn oder der N 125. Für Badeurlauber ist es sicher eine lohnende Sache, sie alle kennen zu lernen. Da wir jedoch nicht zu diesen gehören, nahmen wir auf dem Weg von Faro nach Lagos, unserer zweiten Übernachtungsstation, nur zwei Buchten in Augenschein, die im Reiseführer als besonders schön angepriesen wurden: Zuerst den Praia de Falesia bei Quarteira, dessen Hauptmerkmal sein Leuchtturm ist:
 

Sodann den Praia da Rocha in Portimão, für den wir uns entschieden, weil es dort einsam im Meer stehende Felsen zu bestaunen gibt, die uns sehr an die "12 Apostel" entlang der Great Ocean Road in Australien erinnert haben. In der Tat ein hübscher Anblick:
 

Dennoch hätten wir uns diesen Abstecher auch schenken können, denn in Lagos bekamen wir in punkto "Felsen im Meer" noch unvergleichlich Schöneres zu sehen (dazu sogleich). Angemerkt sei noch, dass an der gesamten Algarveküste wenig bis nichts los war. Wir erwarteten Menschenaufläufe ohne Ende angesichts des schönen Wetters und der Tatsache, dass Mitte Mai bereits seit Wochen Hauptsaison herrscht, doch nichts dergleichen! Ganz im Gegenteil, es war kaum eine Menschenseele anzutreffen. Das Bild unten zeigt noch einmal den Praia de Falesia, einen der beliebtesten Algarvestrände überhaupt, um die Mittagszeit.



Auch im weiteren Verlauf unseres Urlaubs ist uns immer wieder aufgefallen, wie leer alles war. Uns war es natürlich Recht, denn wenn wir eines im Urlaub nicht brauchen, dann ist es lautes Volk. Weniger schön ist die Ruhe natürlich für die örtliche Tourismusindustrie. Von einer Hotelangestellten erfuhren wir, dass sich die Einwohner diesen Einbruch auch nicht erklären konnten. Man schob es auf den schwachen Euro und die isländische Aschewolke, aber überzeugt klang das nicht.

In Lagos angekommen checkten wir zunächst im Hotel ein, brachen anschließend aber noch einmal auf, um die Ponta de Piedade und den unweit derselben gelegenen Praia da Dona Ana in Augenschein zu nehmen. Wie oben bereits angedeutet, bekommt das Auge hier richtig was geboten. Man muss wirklich nicht erst bis nach Australien reisen, um Kalksteinfelsen im Meer zu sehen!
 


 


Unbedingt zu empfehlen ist eine Exkursion in die Serra de Monchique. Lagos ist hierzu zwar nicht der ideale Ausgangspunkt, besonders nicht, wenn man wie wir am Ende des Tages in Sagres übernachten und anschließend nach Lissabon weiter will, denn dann muss man einige Wege doppelt fahren, aber ein großes Opfer ist dies nicht, denn jene Wege sind landschaftlich so herrlich, dass man sie auch ein Dutzend Mal fahren kann, ohne es Leid zu werden. Ist man erst einmal von der A 22 gen Norden auf die N 124 abgebogen, wird man mit einer wunderschönen Natur belohnt, die das Cabriofahren zum reinen Vergnügen macht. Besonders aufgefallen sind uns die intensiven Düfte, es riecht nach Blumen, dem Holz der allgegenwärtigen Korkeichen und den Blättern der Eukalyptusbäume. Die wenigen Dörfchen sind malerisch in die Landschaft eingebettet (immer wieder: weiße Häuser mit hellroten Dächern).
 

Wir hatten uns die Gegend eher kahl vorgestellt, aber das ganze Gegenteil ist der Fall - Grün wohin man schaut. Und es herrschte überhaupt kein Verkehr, was das cruisen im Cabrio natürlich besonders angenehm machte. Übrigens sind die Straßen in Südportugal allesamt in einem hervorragenden Zustand, wesentlich besser als bei uns. Auch die Dörfer und Städte machten einen ausgesprochen sauberen, geradezu frisch renovierten Eindruck. "Die Algarve ist vor kurzem wohl mal neu gemacht worden", hielten wir in unserem Reisetagebuch fest. Am Ambiente liegt der oben angesprochene Besuchermangel also mit Sicherheit nicht.
 

Natürlich kann man in der Serra de Monchique auch einige Stopps einlegen. Der Reiseführer empfiehlt zum Beispiel, von Monchique aus einen Abstecher auf den Fóia zu machen, den mit 902 m höchsten Berg der Algarve. Auf dem Gipfel gibt es allerdings außer vieler Sendemasten relativ wenig zu sehen; eine schöne Aussicht natürlich, aber die hat man entlang der N 124 ständig. Auch die touristisch geprägte Innenstadt des Örtchens Monchique kann man getrost übergehen. Unseres Erachtens ist in der Serra de Monchique der Weg das Ziel. Am allerschönsten ist vielleicht der Abschnitt auf der N 267, die südlich von Monchique beginnt und über Marmelete bis an die Westküste nach Aliezur führt - eine einzige Allee! Aber auch die Rückfahrt gen Süden, welche uns über Bordeira und Aliezur wieder bis an die Algarveküste nach Sagres führte, war wirklich herrlich zu fahren.