Planung und Anreise
Inspiriert durch unsere herrliche Italienfahrt 2006 wollten wir für eine Woche mit dem Cabrio Spanien erkunden, genauer gesagt Andalusien, das bekanntlich im Süden der iberischen Halbinsel liegt. Ausgehend von Sevilla sollte es über Córdoba nach Granada gehen, sodann die Küste entlang (Nerja, Malaga, Marbella) und dann über die Städtchen Ronda und Arcos nach Jerez und schließlich wieder zurück nach Sevilla. Das alles sollte in gut einer Woche gemütlich zu schaffen sein, kleinere spontane Exkursionen eingeschlossen. Ende September sollte es losgehen, wenn es in Andalusien nicht mehr so heiß und noch nicht zu kalt ist. Einkehren wollten wir in vorzugsweise kleinen, aber feinen Hotels mit allem Komfort und viel landestypischer Atmosphäre.

Über den Hinflug mit Air Berlin von Düsseldorf nach Sevilla könnte ich einen Roman schreiben, will mir die Einzelheiten aber sparen und nur erwähnen, dass Organisation und Service eine Katastrophe waren, und das, obwohl es sich keineswegs um ein Billigangebot handelte. Immerhin kamen wir noch einigermaßen pünktlich an. Auch die Übernahme des Mietwagens von Sunny Cars, eines Peugeot 307, klappte im Grunde reibungslos. Allerdings erfährt man vor Ort, dass man einen "Tankservice" in Anspruch nehmen muss, d.h. die erste Tankfüllung inklusive ist. Auf den ersten Blick praktisch, auf den zweiten aber eine gemeine Abzocke, denn Sunny Cars berechnet dafür nicht weniger als 72 €, obwohl die entsprechende Menge Benzin allenfalls 50 € kostet. Und wenn man den Wagen am Ende nicht völlig leer zurückbringt - und wer will schon auf dem letzten Tropfen fahren? - schenkt man Sunny Cars zwangsläufig auch noch das Restbenzin. Alles in allem haben wir über diesen "Tankservice" mehr als 40 € zusätzlich bezahlt. Hätten wir das vorher gewusst und beim Preisvergleich einkalkuliert, wäre ein anderer Anbieter günstiger gewesen. Also: Vorsicht bei Sunny Cars!

Willkommen in Sevilla
In Sevilla bestand unsere erste Aufgabe darin, das Hotel zu finden, eine schnuckelige Villa mitten in der Altstadt. Eigentlich kein Problem mit einem guten Stadtplan, aber bereits auf diesen ersten Kilometern machten wir eine unangenehme Erfahrung, die sich in allen andalusischen Städten wiederholen sollte: Die Straßen sind innerorts unglaublich schmal und verwinkelt. Offenbar lange vor der Erfindung des Autos gebaut, stellen sie eine echte Herausforderung für jeden Autofahrer dar, zumal für solche mit einem neuen Mietwagen. Nach einer halbstündigen Irrfahrt durch diesen Dschungel parkten wir schließlich irgendwo am Straßenrand, um nach dem Weg zu fragen - und erfuhren, dass wir uns nur 50 Meter von der gesuchten Tiefgarage entfernt befanden. Glück muss man haben!

Nach einem ausgesprochen freundlichen Check-In im Hotel wollten wir vor den ersten Besichtigungen schnell noch etwas essen. Mittags um 12 Uhr kein Problem? Denkste, denn in Spanien gibt es zu dieser Zeit allenfalls Frühstück. Mitten in einer Metropole wie Sevilla war keine warme Mahlzeit aufzutreiben, und so begnügten wir uns zwangsläufig mit Spiegelei und Schinken.

Kathedrale und Giralda
Sodann ging es zur Kathedrale von Sevilla, Santa Maria de la Sede (Bild rechts), die größte gotische Kirche der Welt (und nach dem Petersdom in Rom und der St. Pauls Cathedral in London die drittgrößte überhaupt). Diese Kathedrale ist ein Symbol für den Sieg der Christen über die moslemischen Mauren, die vor ihnen in Andalusien herrschten, denn nachdem die Mauren 1248 aus Sevilla vertrieben worden waren, funktionierten die Christen die Moschee einfach in eine Kirche um. Diese wurde ab dem 15. Jahrhundert vielfach umgebaut und erweitert. Ein großer Teil der maurischen Bausubstanz fiel diesen Maßnahmen zum Opfer, nicht aber das Minarett, das die Christen so begeisterte, dass sie es weitgehend erhielten und nur um einen Glockenturm erweiterten. Dieser "Giralda" genannte Turm steht unmittelbar neben der Kathedrale. Er ist mit 97m noch immer das höchste Gebäude in Sevilla. Sein Name geht übrigens auf die ganz oben wehende Wetterfahne (giraldillo) zurück.

 

Giralda:
 

Man kann die Giralda besteigen, wenn man will. Diese Unternehmung ist allerdings nichts für Fußkranke, denn in ihrem Inneren gibt es keine Treppen, sondern nur 35 steile Rampen, über die die Wärter im Mittelalter zu Pferd den Turm hinauf ritten. Ist man einmal oben, wird das Auge durch einen Panoramablick über Sevilla erfreut:
 

Das Innere der Kathedrale weist vor allem zwei Highlights auf. Eines ist das Grabmal von Christoph Kolumbus. Vier Träger, symbolisch für die früheren spanischen Königreiche Kastilien, Aragón, León und Navarra, schultern einen Sarg, in dem sich die Gebeine des Entdeckers Amerikas befinden. Mit dieser Anordnung wurde dem letzten Wunsch von Kolumbus entsprochen, der nicht in spanischer Erde bestattet werden wollte. Das andere Highlight ist der Altarraum, die Capilla Mayor. Es handelt sich um eine riesige goldene Wand mit zahllosen Ornamenten. Hundert Jahre Handarbeit stecken in diesem Werk. Rein optisch wäre weniger hier allerdings eindeutig mehr gewesen, denn vor lauter Gold verliert das Auge jeden Blick für die Details.
 

Kolumbus-Grabmal:
 
Capilla Mayor:
 

Plaza de España
Kathedrale und Giralda waren sicherlich eindrucksvoll, doch das eigentliche Highlight unseres Rundgangs durch Sevilla war der Plaza de España, ein riesiger Halbkreis, der von einem wunderschönen Ziegelsteinbau mit malerischen Arkaden eingerahmt wird. Während der Hauptsaison mag es hier schrecklich voll sein, doch an diesem 26. September verloren sich keine zwei Dutzend Menschen auf dem weitläufigen Areal. So konnten wir uns auf eine Bank setzen und in aller Ruhe die mit Touristen beladenen Pferdekutschen beobachten, die um den zentral gelegenen Brunnen wendeten.

 

Plaza de España:
 

 

Torre del Oro
Sevilla liegt bekanntlich am Guadalquivir, dem längsten (und unaussprechlichsten) Fluss Andalusiens (657 km). Heute legen an seinen Ufern nur noch Ausflugsdampfer an, aber früher wurde hier reger Handel betrieben. Zum Schutz des Flusshafens errichtete man im 13. Jahrhundert zwei Wachtürme, von denen der auf der Ostseite des Flusses gelegene noch steht. Warum er "Torre del Oro" (Goldturm) heißt, weiß offenbar keiner so genau. Unsere drei Reiseführer boten jedenfalls drei verschiedene Meinungen an: Weil seine Mauern in der Abendsonne golden schimmern, weil er früher mit vergoldeten Keramikplatten versehen war oder weil unter seinem Schutz Gold umgeschlagen wurde. Sei es wie es sei, jedenfalls besticht der Torre del Oro durch seine wuchtige Eleganz. Viele sehen in ihm das Wahrzeichen Sevillas.
 

Torre del Oro:
 

Auf dem Rückweg zum Hotel leisteten wir uns noch einen besonderen Luxus, nämlich 100g des berühmten, hauchdünn von Hand geschnittenen Serrano-Schinkens für nur 13,50 €. Diesen verspeisten wir zusammen mit Käse, Weintrauben und Baguette auf dem Hotelzimmer. Damit machten wir gleichzeitig aus der Not eine Tugend, denn vor 20.30 Uhr serviert einem in Spanien niemand ein Abendessen, und so lange hätten wir nach der schönen, aber auch anstrengenden Besichtigungstour nicht durchgehalten.

Córdoba
Der nächste Tag begann mit einer angenehmen und einer unangenehmen Überraschung. Die angenehme war das Frühstück, das uns von einem Kellner mit Samthandschuhen nach alter Schule kredenzt wurde. Die unangenehme war das Wetter, denn es regnete in Strömen. Damit hatten wir zu dieser Jahreszeit wirklich nicht gerechnet, und zum Glück blieb es auch der einzige Regentag, aber das Wetter trübte doch etwas die Fahrt nach und den Besuch in Córdoba, der zweiten Station unserer Reise. Ansonsten hätten wir unterwegs sicherlich noch einen Zwischenstopp eingelegt, etwa in Écija, der "Bratpfanne Spaniens", so genannt wegen der im Sommer unerträglichen Hitze. Aber auch im Vorbeifahren konnte man die in jedem Reiseführer erwähnten elf Türme, welche aus der ansonsten flachen Silhouette der Stadt imposant herausragen, gut erkennen.

Eigentlich hatten wir noch Glück im Unglück, denn wenn es schon regnen muss, dann bitte in Córdoba. Dort gibt es genau eine besondere Sehenswürdigkeit, nämlich die Mezquita (Bild links), und die besticht vor allem von innen. Schon in Sevilla deuteten sich an praktisch jeder Ecke die maurischen Wurzeln Andalusiens an, aber nirgends wurden sie uns so deutlich vor Augen geführt wie hier. Die Mezquita ist eine von den Christen im 16. Jahrhundert zur Kirche umfunktionierte, zwischen dem achten und zwölften Jahrhundert errichtete Moschee. Schon ihr Äußeres lässt die arabischen Einflüsse erkennen, denn die Erbauer verzichteten völlig auf Schnörkel und Dekor. Die pragmatischen Mauren bauten eben immer alles so, dass es auch zu Verteidigungszwecken genutzt werden konnte. Vor allem aber verschlägt einem das Innere schlicht die Sprache. Sicher, es gibt ein paar große Heiligenbilder und -figuren, einen Altar und eine Orgel, aber die Mezquita wird total dominiert von einem Wald aus Säulen, auf denen halbrunde Bögen ruhen. Schwer zu schätzen, wieviele es sind, aber sicherlich einige hundert. Sie geben dem Raum ein einzigartiges, orientalisches Ambiente. Im Grunde hätten die Christen ihre Finger von der Moschee lassen sollen, denn auf uns wirkten die christlichen Symbole und Einrichtungen nur wie artfremdes Beiwerk.

 

In der Mezquita:
 

Das Beste an Córdoba neben der Mezquita waren übrigens die leckeren Tapas, die uns in einem kleinen Restaurant in der Nähe der Mezquita serviert wurden. Vielfach wird die Tapa ("Deckel") als Nationalgericht Spaniens bezeichnet, obwohl der Begriff ja genau genommen gar keine bestimmte Speise, sondern nur eine Menge bezeichnet, nämlich einen kleinen Appetithappen. Mehr als einmal haben wir uns einen Spaß daraus gemacht, aus rein auf spanisch gehaltenen Speisekarten irgend etwas zu bestellen und dann abzuwarten, was wir wohl bekommen würden. Viele Begriffe konnten wir natürlich erahnen oder ableiten, aber ein gewisser Überraschungseffekt war doch immer dabei. Auf diese Weise wurden uns als Tapas bspw. dicke Bohnen, Schinkenstullen, Melone oder Reis vorgesetzt, manchmal auch Fleisch, manchmal hingegen nur Cracker. Billig sind Tapas übrigens durchaus nicht. Wenn man zwei oder drei bestellt, um auf die einer Hauptspeise entsprechende Menge zu kommen, zahlt man auch den einer Hauptspeise entsprechenden Preis. [weiter...]