Wie schön, dass Christi Himmelfahrt immer auf einen Donnerstag
fällt! So kann man mit nur einem Tag Urlaub vier Tage frei machen.
Da vom 2. bis 4. Juni 2011 zudem bestes Wetter angesagt war, nutzten
wir das lange Wochenende zu einem Cabrio-Ausflug in die belgischen
Ardennen. Bisher kannten wir die Ardennen nur vom Namen her,
nämlich nach der gleichnamigen
Offensive im Dezember '44, und
tatsächlich erinnert mancherorts noch ein Exponat an jene Zeiten,
wie dieser Sherman-Panzer in La Roche:
Aber das alles ist zum Glück lange vorbei, und heutzutage
präsentieren sich die Ardennen ausgesprochen friedlich und malerisch. Was die Route
für eine Wochenend-Tour angeht, so kann man dort
praktisch nichts falsch machen. Die Straßen führen alle durch
eine wunderschöne, grüne Landschaft mit vielen Kurven und wenig
Verkehr. Wir entschieden uns für eine Strecke von Aachen
(Grenzübertritt) nach Dinant mit einer Zwischenstation in La
Roche. Eine genaue Karte gibt es
hier.
Kurz hinter Aachen führt die A 44 bei Lichtenbusch über die Grenze
nach Belgien, genauer gesagt nach Eynatten, dem ersten Dorf auf
belgischer Seite. Die Beschriftungen der Gewerbe sind hier noch
deutsch, doch spätestens bei Eupen ist man "richtig" in Belgien.
Eupen ist auch das nördliche Tor zum Naturpark "Hohes
Venn", in dem die Botrange liegt, mit 694 Metern die höchste
Erhebung Belgiens ("Berg" mag man dazu kaum sagen). Nicht zu fassen:
Hier hat man allen Ernstes einen
Erdhügel
aufgeschichtet, um den höchsten Punkt Belgiens auf über 700m zu
bringen!
Die Strecke durch das Hohe Venn zeigte uns von der ersten Minute an
all das, was die Ardennen zu bieten haben: Bäume, Kurven, Hügel und
Täler. Man fährt stetig auf und ab durch grüne Landschaften, die vor
allem durch viel Wald, seltener durch Felder und Wiesen geprägt
werden.
Ständige Begleiter in den Ardennen sind Motorradfahrer und
Radsportler, wobei beide Spezies die Angewohnheit haben, in
Rudeln aufzutreten. Ersteres macht einen Höllenlärm, letzteres ist
langsam und in den engen Kurven vielfach nur schwer zu überholen.
Garniert wird diese Mischung durch gelegentlich auftauchende Wanderfreunde, die gut gelaunt und Liedchen pfeifend mitten auf der
Straße (oder ohne Vorwarnung auch gerne einmal quer über diese) laufen.
Nein, im Ernst:
Man muss schon ein wenig acht geben, wenn man in den Ardennen
Auto fährt, aber irgendwie macht es das Erlebnis Ardennen auch
aus, dass man dort nicht alleine ist.
In Malmedy am südlichen Ende des Hohen Venns legten wir einen ersten Stopp ein.
Der Ort hat sich sehr auf Motorradgäste eingerichtet. Biergärten und einfache Gasthäuser findet man
dort an
jeder Ecke. Kulinarisch bekamen wir in einem dieser Lokale übrigens Neuland
geboten:
Ein Carpaccio von der Ente! Wir kannten natürlich das klassische
Carpaccio aus Rindfleisch, und auch Fisch oder dünnen Schinken hatte
man uns schon als Carpaccio serviert, aber Ente? Nun, es schmeckte
jedenfalls nicht schlecht.
In Malmedy fiel uns auch zum ersten Mal auf, dass es in Belgien
anscheinend keine verkehrsberuhigten Innenstädte gibt. Keine Ahnung,
ob es in den großen Städten wie Lüttich oder Brüssel auch so
ist, aber in sämtlichen Ardennenorten sucht man eine Fußgängerzone
vergebens. Überall knattern unentwegt Autos und Motorräder durch die
Gassen. Schade, denn das Essen hätte an einem ruhigen Platz sicher
noch besser geschmeckt. Das soll allerdings keine Kritik an Malmedy sein, denn in Sachen Verkehr ist der Ort wie
gesagt nicht anders als andere auch, und er hat durchaus reizvolle
Ecken, wie z.B. die Kathedrale aus dem 18. Jahrhundert (oben rechts
im Bild) oder das herrschaftliche Amtsgericht:
Frisch gestärkt wagten wir einen Abstecher nach Spa, genauer gesagt
nach Francorchamps, wo sich die bekannte Rennstrecke befindet, auf
der Michael Schumacher zwischen 1992 und 2002 sechsmal das Formel-1-Rennen um den Großen Preis von Belgien gewann. Die Strecke
liegt mitten im Wald, und man ahnt angesichts der einzigen, schmalen
Zufahrtsstraße, dass dort zumindest an einem Wochenende im Jahr jede Menge
Verkehr herrschen muss. An diesem Juni-Donnerstag war es allerdings
wie ausgestorben.
Leider kann man - anders als z.B. am Nürburgring - nicht mit
dem eigenen Pkw auf die Rennstrecke. So blieb uns immerhin ein Blick
von der Tribüne:
Besonders
beeindruckend fanden wir die Höhenunterschiede auf der Strecke.
Im Fernsehen sieht immer alles ganz flach aus, und so stellt man
sich eine Rennstrecke gewöhnlich auch vor - eben wie die heimische
Carrerabahn. Doch weit gefehlt! Nicht umsonst heißt der Kurs in
Spa-Francorchamps auch "Ardennen-Achterbahn". In der
legendären Kurve "Eau Rouge" beispielsweise fahren die Rennwagen
eine Steigung von 18% hinauf.
Von Spa aus führen mehrere Wege nach La Roche, unserem Quartier für
die Nacht. Wir entschieden uns für die direkte Variante über
Trois-Ponts und Vielsalm, aber mit etwas mehr Zeit hätten wir
sicherlich auch einen kleinen Umweg, etwa über Manhay, nicht bereut.
In La Roche angekommen stellten wir gleich fest, dass dieses
4.500-Seelen-Städtchen ähnlich wie Malmedy ganz in der Hand der Motorradfahrer
ist. Jedenfalls an diesem Feiertag konnte man sich dort praktisch nirgendwo um
die eigene Achse drehen, ohne ein Dutzend Maschinen zu sehen. Das
nicht enden wollende Geknatter der Motoren gab es gratis dazu. Nur
gut, dass wir mit dem "Les
Genêts" ein hervorragendes Hotel auf einem Hügel über La Roche
gebucht hatten. Dort war es herrlich ruhig, und man hatte einen sehr
schönen Ausblick über den Ort:
Übrigens sind die hier zu sehenden Sandsteinhäuser mit Schieferdächern absolut typisch für die Region. Praktisch alle
Städte sind in diesem Stil erbaut. Auch in den Dörfern findet man
zahlreiche Häuser wie diese, wobei die optische Qualität derselben
allerdings stark divergiert. Von der ungepflegten Vorkriegsruine bis
zum Palast findet man alles. Fotografiert werden natürlich
nur die schönen Beispiele:
Insgesamt lässt sich sagen,
dass die Ardennen lange nicht so aufgeräumt sind wie zum Beispiel
die
Ortschaften in Holland, wo praktisch jeder Vorgarten ein kleines
Versailles ist, aber ohne Reiz sind sie beileibe nicht. Alles ist eben eine Spur einfacher.
Am nächsten Morgen erwartete uns im "Les Genêts" ein wirklich
hervorragendes Frühstück mit allem, was man sich nur vorstellen
kann. Nicht nur deswegen können wir das Hotel wärmstens empfehlen.
Die exponierte Lage, das gemütliche Ambiente, die fairen Preise und
der freundliche Service machen das "Les Genêts" zu einem echten
Geheimtipp in La Roche (der so geheim übrigens gar nicht mehr ist,
denn bei Tripadvisor steht das Hotel mittlerweile auch auf Platz 1).
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