Zum MoMA nach Berlin 2004

1. Etappe: Münster - Uelzen - Tangermünde

Planung  
Im Frühjahr 1997 weilte ich als Referendar beim Delegierten der deutschen Wirtschaft in Washington, D.C. Eine Exkursion nach New York führte uns damals u.a. in das Museum of Modern Art, das sich selbst kurz MoMA nennt. Die Exponate dort haben uns begeistert, weil wir uns für moderne Kunst erwärmen können, mein Lieblings-Kunststil (der Kubismus, besonders der frühe, analytische) reich vertreten ist und mein Lieblingsbild (die "Sternennacht" von van Gogh) dort hängt. Für den Spätsommer 2004 planten wir nun eine Ostküsten-Tour durch die USA, die ihren Anfang und ihr Ende in New York nehmen sollte. Gelegenheit also, uns die Ausstellung noch einmal anzusehen? Nein, denn das MoMA wird renoviert und ist deshalb geschlossen. Glücklicherweise hat sich jedoch die Neue Nationalgalerie in Berlin für diese Zeit die bedeutendsten Bilder gesichert. Grund genug für uns, einen Ausflug nach Berlin zu planen, lange bevor klar war, dass "Das MoMA in Berlin" die erfolgreichste Kunstausstellung in Deutschland im neuen Jahrtausend werden würde.

Anreise
Am 14.05.04 ging es los. Zuerst fuhren wir die A1 gen Norden bis kurz hinter Osnabrück. Es regnete und wir standen im Stau. Optimaler Beginn für eine  Cabrio-Tour! Aber als wir kurz hinter Osnabrück abfuhren, hörte es wie auf Bestellung auf zu regnen, und wir hatten den ganzen übrigen Weg trockenes Wetter. Zwar überwogen die Wolken, aber die Temperaturen waren angenehm um 15 Grad, und zuweilen ließ sich auch die Sonne blicken. Unsere Strecke führte über Diepholz, Hoya, Vreden, Kirchlinten, Visselhövede, Neuenkirchen, Frielingen, Soltau, Wietzendorf, Müden, Hermannsburg, Unterlüß und Weyhausen nach Uelzen. Das ist natürlich nicht der direkte Weg nach Berlin, aber wir wollten Uelzen einen Besuch abstatten, denn die Stadt verfügt über einen Hundertwasser-Bahnhof, und unsere Fahrt stand doch ganz im Zeichen der Kunst!

Hundertwasser-Bahnhof in Uelzen
Auf unserem Wien-Trip 2002 hatten wir bereits die Gelegenheit, das dortige Hundertwasser-Haus zu bestaunen, das uns bereits super gefallen hat (im dortigen Cafe gibt es übrigens leckere und verhältnismäßig günstige Wiener Schnitzel, hmmm). Wir hatten also eine ungefähre Vorstellung davon, wie der Bahnhof aussehen könnte. Nur: Erstmal finden! Ich weiß nicht, über welche Attraktionen die Stadt Uelzen außerdem noch verfügt, aber viele können es in dem kleinen Städtchen nicht sein. Umso unverständlicher, dass man sich nicht die Mühe macht, den Bahnhof vernünftig auszuschildern. In jeder Stadt kann man den Wegweisern zum Bahnhof folgen, nur in Uelzen nicht. Nach einigem Herumkurven und Fragen kamen wir dann zumindest in die Nähe des Bahnhofs, stellten das Auto ab und gingen das letzte Stück zu Fuß. Der Bahnhof ist ein Expo 2000-Projekt. Friedensreich Hundertwasser wurde seinerzeit angesprochen, ob er den Bahnhof gestalten wolle, und er hat zugesagt. Persönlich in Augenschein genommen hat der Meister "seinen" Bahnhof allerdings nie. Die Arbeiten vor Ort lagen in der Hand eines von Hundertwasser beauftragten Architekten, dem er von seiner Wahlheimat Neuseeland aus Anweisungen gab. In Neuseeland - an Bord des Luxusliners Queen Elisabeth II übrigens - ist Hundertwasser dann kurz nach Fertigstellung des Bahnhofs verstorben, ohne noch einmal nach Europa zurückgekehrt zu sein.

Der Bahnhof ist klasse geworden. Wenn man etwas für Hundertwasser übrig hat, kommt man sich vor wie in einem seiner Bilder. Das liegt daran, dass nicht nur die Fassade im bunt-schnörkeligen Stil Hundertwassers gestaltet worden ist, sondern auch das Interieur. Hundertwasser hat den Vorwurf anderer Baumeister, ein "Verhübscher" zu sein, immer als Kompliment empfunden, und wenn man andere Bahnhöfe nach Schema F so sieht, wünscht man sich händeringend weitere Projekte wie dieses herbei. An Münsters Bahnhof - nach Essen der schlimmste Bahnhof Deutschlands und ein Schandfleck unserer Stadt - mag ich dabei gar nicht denken. Im Bahnhof Uelzen gibt es für die tiefer Interessierten natürlich auch einen Hundertwasser-Shop, und alle Bediensteten geben bereitwillig Auskunft. In einer überall erhältlichen Info-Broschüre (50 Cent) steht auch alles Wissenswerte drin. Der Abstecher hat sich wirklich gelohnt.

Tangermünde an der Elbe
Anschließend hatten wir die Weiterfahrt über Bad Bodenteich nach Salzwedel geplant, wo wir nächtigen wollten. Salzwedel ist allerdings nun wirklich kein schöner Ort. Nichts gegen Euch, liebe Salzwedeler, aber der Tourist wird gleich am Ortsrand mit Plattenbauten in Serie begrüßt, und über Kopfsteinpflaster geht es durch den lieblos gestalteten Ort, in dem sich ein Zweckbau an den nächsten reiht. Eine schöne Altstadt oder gemütliche Ecken haben wir vergeblich gesucht. Die Wende hat hier offensichtlich nicht recht stattgefunden. Dieser Umstand und die Tatsache, dass es erst gegen 16 Uhr nachmittags war, veranlassten uns dann, noch eine Stunde weiter zu fahren. Wir ließen uns über Gardelegen und Stendal bis Tangermünde treiben. Jeder, aber wirklich jeder, der jemals in Tangermünde war, wird das dortige Hotel "Schwarzer Adler" kennen, denn was Uelzen an seinem Bahnhof an Beschilderung gespart hat, macht dieses Hotel wieder wett. Schon Kilometer vor Tangermünde wird man mit Wegweisern angelockt, und am nächsten Tag haben wir noch 15 Kilometer hinter Tangermünde Schilder gesehen, die uns zum Umkehren aufforderten. Respekt.

Im nachhinein waren wir heilfroh, dass wir bis Tangermünde weiter gefahren sind, denn Tangermünde war der erste (und einzige) der vielen kleinen Orte auf unserer Route durch die neuen Bundesländer, dem man die Wende richtig ansah. Das historische Stadtbild hat man erhalten (das kleine Bild rechts zeigt eine Impression aus dem Stadtkern), die im Zentrum auf einem Hügel gelegene, urkundlich erstmals 1009 erwähnte Burg ist zum Hotel und Ausflugs-Lokal ausgebaut worden. Natürlich ist noch nicht alles fertig, aber man sieht an jeder Ecke, dass es voran geht und die Leute sich Mühe geben. Von der Terrasse der Burg aus hat man einen wunderschönen Blick über die Elbe, den wir am frühen Abend bei Sonnenschein genießen konnten. Übernachtet haben wir übrigens nicht im "Schwarzen Adler", sondern im direkt daneben gelegenen Hotel "Stars Inn", das nur halb so teuer war und Zimmer zu bieten hatte, die wunderbar renoviert, großzügig geschnitten und vor allem ruhig waren. Sehr zu empfehlen. Für den "Schwarzen Adler" fiel aber immerhin das Abendessen im Hotelrestaurant ab, das lecker (Spargel) und preislich angemessen war.


Bilder:



Eingang zum Hundertwasser-Bahnhof in Uelzen.



Blick auf die Elbe von der Burg Tangermünde herab.