Dover
Von Canterbury aus ging es weiter nach Dover, wobei ich einen Umweg
über Sandwich nahm. Nicht wegen des gleichnamigen Lords, welcher der
belegten Butterstulle ihren Namen gegeben haben soll, sondern weil ich im
Reiseführer von "hübschen engen Gässchen" in der Altstadt gelesen
hatte. Nun, eng waren sie.
Die drei Hauptattraktionen Dovers - der Hafen, die Weißen Klippen
und die unvermeidliche Burg - liegen allesamt außerhalb der Stadt,
und zwar vor ihr, wenn man wie ich über die A 258 aus Richtung
Canterbury kommt.
Die "White Cliffs of Dover" sollte man keinesfalls verpassen, wobei
ich gar nicht unbedingt ein Fan weißer Kreidefelsen bin. Allerdings
warne ich davor, sich ungesehen auf eine der zahlreichen Parkbänke
entlang der Wanderwege zu setzen. Diese laden zwar sehr zum
Verweilen ein, zumal man eine geniale Aussicht auf den Hafen von
Dover hat, aber nicht wenige von ihnen sind von Kindern (oder
infantilen Erwachsenen) mit der überall herumliegenden Kreide
"verschönert" worden. Wenn man also arglos Platz nimmt, hat man
anschließend einen weißen Hosenboden! Eine ganz witzige Beschriftung
habe ich übrigens in Erinnerung behalten: Neben den unvermeidlichen
"Johnny loves Mary" und "I was here" hatte einer geschrieben: "Mind
the chalk" (also "Denk' an die Kreide").
Zur erwähnten genialen Sicht auf den Hafen muss man sich die ganzen
Betriebsgeräusche dieser riesigen Anlage hinzudenken, die völlig
ungedämpft herüberschallen. Akustik
wie in der Oper.
Ähnlich ist es auf der Anhöhe von Dover Castle, das majestätisch auf
einem Felsen über der Bucht thront. Nicht ganz zufällig natürlich,
denn seine ursprüngliche Funktion lag ja gerade in der Abwehr
potenzieller Invasoren.
Nach wie vor sind dort noch einige jener Haubitzen
aufgebaut, mit denen Churchill die Deutschen bekämpfen wollte (die
bekanntlich niemals kamen). Heute scheinen sie auf harmlose
Kreuzfahrer gerichtet zu sein.
Dover selbst habe ich nur kurz durchfahren. Vielleicht ein Fehler,
denn dort gibt es einen Strand, der jedenfalls aus der Ferne recht einladend aussah.
Rye
Strände gibt es auch im weiteren Verlauf der A 259 von Dover nach
Hastings, die ich auf meinem Weg nach Rye befuhr. Ein Küstenort
reiht sich an den nächsten. Leider bekommt man auf der Straße davon
kaum etwas mit, denn obwohl die A 259 auf der Karte unmittelbar
entlang der Küste zu verlaufen schien, war sie in der Realität doch
immer gerade so weit entfernt, dass man die See gerade nicht sehen
konnte. Eine Panoramastrecke ist sie also nicht. Immerhin führt sie
durch Felder, Wiesen und Auen, wo man Anfang August leuchtendes
Ährengold zu sehen bekommt. Auch schön. Allerdings darf der dichte
Verkehr nicht unerwähnt bleiben. Einsamkeit, wie etwa in Schottland,
bekommt man hier nicht geboten.
Rye, mein Übernachtungsort, ist ein ganz nettes Städtchen mit einem
eigenen Hafen. Auffällig sind die vielen schwarz angestrichenen
Holzhäuser entlang des Kanals, offenbar eine regionale Spezialität.
Sehr zur Übernachtung empfehlen kann ich das "Old Vicaridge", also
das alte Pfarrhaus, das in Rye Harbour liegt: Schöne Zimmer,
vergleichsweise ruhig, und nette Gastgeber. Nebenan gibt es einen
Pub, der für 13 Pfund ein überraschend gutes Steak serviert.
Bodiam Castle
Von Rye aus sollte man
einen Abstecher nach Nordwesten machen, denn dort trifft man auf
Bodiam Castle, das wohl schönste Wasserschloss in Südengland. Im
14. Jahrhundert erbaut, sollte es England vor einer französischen
Invasion schützen (wie überhaupt so gut wie alle Burgen in England
das Empire vor einer Invasion schützen sollten, und meistens vor
einer französischen).
Hier musste ich noch um etwas Sonnenschein kämpfen, aber zwischen
vielen Wolken kam sie doch ab und zu durch. Ab Mittag war dieser 9.
August dann ein herrlicher Sommertag. Dennoch, um Bodiam Castle zu
fotografieren sollte man besser am späten Nachmittag kommen, denn
vormittags steht die Sonne genau über dem Portal, sodass man ständig
gegen die Sonne fotografieren muss, wenn man nicht nur die Rückseite
aufnehmen möchte.
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