Endlich in Udaipur angekommen, stand zunächst Entspannung im Hotel an, bevor es am frühen Morgen des nächsten Tages zur Besichtigung dieser 400.000 Einwohner zählenden Stadt ging. Unser Weg führte zunächst zum Jagdish-Tempel, der vor allem wegen seiner Außenfassade bekannt ist. Selbige ist mit Verzierungen versehen, die auf fünf Ebenen Dämonen, Elefanten, Pferde, Familienmotive und Götter erkennen lassen (Bild unten links). Sehr symbolisch sei diese Anordnung, erklärte man uns, die Dämonen ganz am Boden und die Götter über allem thronend. Von innen war der Tempel weitaus weniger interessant, etwas lieblos gestaltet und mit allerlei modernem Krimskrams ausgestattet.

  

Anschließend ging es zum Stadtpalast, der dem Maharaja von Udaipur als Winterresidenz diente. Der Stadtpalast ist was fürs Auge, sei es der Blick auf seine Fassade (Bild unten), sei es die Aussicht aus einem seiner zahllosen Fenster auf die Stadt Udaipur (Bild oben rechts). Heute ist er - wie viele andere Maharajapaläste - neben Wohnsitz auch Museum und Luxushotel. Platz genug ist für alles, denn der Stadtpalast von Udaipur ist der größte Palast in ganz Rajasthan. Wie an so vielen Palästen in Rajasthan ist auch an diesem über die Jahrhunderte immer wieder mal gebastelt worden. An der Fassade lassen sich die unterschiedlichen Bauabschnitte und -stile gut ablesen. Das Museum ist besonders berühmt für seine vielen Miniaturmalereien. Diese Bilder von stattlicher Größe entstanden mit nur einem Haar als Pinsel. Von ihrer Qualität konnten wir uns nachhaltig überzeugen.
 

Jagdish-Tempel und Stadtpalast mögen ganz nett anzusehen sein, aber für jeden Besucher Udaipurs ist sicherlich der Picholasee, in dessen Mitte sich das berühmte Lake Palace Hotel befindet, das Highlight der Stadt. Wasser hatten wir auf unserer Reise noch gar nicht gesehen, und auch der Picholasee führte nicht eben viel davon. Zu Zeiten unserer Reise lag der Monsun schon einige Monate zurück, und da der See ohnehin äußerst flach ist, verdunstet das Wasser darin schnell, sobald die Temperaturen steigen. Und sie steigen schnell, wir hatten bspw. an diesem Wintertag über 30 Grad. Später erfuhren wir, dass der See im Mai auch schon einmal ganz austrocknet. "Thanks to global warming", wie der Reiseleiter etwas sarkastisch meinte. Immerhin war noch genug Wasser zum Wäschewaschen übrig. 
 

Ein trockener See wäre nicht nur für die Frauen auf dem obigen Bild, sondern auch für uns schade gewesen, denn dann wäre unsere geplante Bootsfahrt zwangsläufig ausgefallen. Aber auch so war sie in Gefahr, denn unser Reiseleiter teilte uns mit, dass eine Hochzeitsgesellschaft alle Boote gemietet habe, zudem das Lake Palace Hotel wegen der geschlossenen Gesellschaft auch nicht angesteuert werde, die Bootsfahrt also abgesagt sei. Zwei höfliche Bitten und ein Telefonat später stand dann aber plötzlich doch ein Boot für uns und andere Reisende zur Verfügung. Und das Nachfragen hatte sich gelohnt, denn die gemütliche Fahrt über den See gehörte zu den schönsten Erlebnissen in Udaipur. Nebenbei produzierte sie viele schöne Fotos:
 

An dem vornehmen Lake Palace Hotel konnten wir - wie gesagt - leider nicht anlegen, aber zumindest kamen wir ihm sehr nahe (Apollo 13 in Udaipur!). Es soll sich ja um eines der besten Hotels der Welt handeln. Anscheinend spart man dort wirklich an nichts. Zum Beispiel bemerkten wir verwundert und amüsiert zugleich, dass die lebensgroßen, den Eingang bewachenden Steinelefanten mit echten Menschen besetzt waren, die den ganzen Tag nichts anderes zu tun hatten, als in ihrer Uniform auf ihrem Steinelefanten zu sitzen und ihre Lanze zu halten. Was machen Sie denn beruflich? Steinelefantensitzer!

 

Nach seiner Fertigstellung 1746 war das Lake Palace Hotel zunächst die Sommerresidenz des Maharajas. Der Mann war nicht wirklich bescheiden, zumal neben dem Lake Palace und dem Stadtpalast noch ein Monsunpalast ("Sajjan Garh") auf einem Hügel vor der Stadt existiert, in dem sich die Regenzeit am besten aushalten ließ. Auf der zweiten, größeren Insel im See stand früher sogar noch ein vierter Palast. Jener "Jag Mandir" ist nicht mehr in gebrauchsfähigem Zustand, aber zumindest hat man die Terrassen und Gärten erhalten. Sie werden vom Lake Palace Hotel für Feierlichkeiten genutzt. Dort fand auch die Hochzeitszeremonie statt, die uns fast den Bootstörn gekostet hätte.

Am Ende unseres Streifzugs durch Udaipur stand ein Besuch des Saheliyon-ki-Bari Lustgartens. Dort war es leider relativ voll (Deutsche!), aber dennoch herrschte eine vergleichsweise ruhige Atmosphäre. Besonders schön waren die zahlreichen Teiche und Brunnen. Der schönste von ihnen war mit Steinelefanten geschmückt, aus deren Rüssel das Wasser in das Becken floss (Bild links).

Am frühen Abend unternahmen wir noch einen kleinen Spaziergang zum Ambrai Restaurant am Westufer des Picholasees, das ein besonderer Tipp für leckere Häppchen ist. Dort sitzt man wunderschön am See und kann den Blick auf den Stadtpalast und das Lake Palace Hotel genießen. Es empfiehlt sich vielleicht nicht, als Tourist allzu leichtfertig durch die schmalen Gassen einer indischen Stadt zu marschieren (schon gar nicht als Touristin), aber zu zweit in einer Gegend mit viel Betrieb muss man auch keine Sicherheitsbedenken haben. Abwechslungsreicher als bei uns ist ein solcher Fußmarsch allemal. Wer und was einem da alles begegnet...

 


Am nächsten Tag stand die Fahrt von Udaipur zur Zwischenstation nach Deogarh an. Unterwegs begegnete uns unerwartet ein weiteres Highlight: Die verlassene Tempelanlage von Nagada. Diese wurde - ähnlich wie die Mandore Gardens - im Reiseführer nur stiefmütterlich erwähnt, und ähnlich wie bei jener wäre es ein Verbrechen gewesen, sie auszulassen. Dort waren wir am frühen Morgen völlig allein, und so konnten wir die Anlage, deren Wurzeln auf das 11. Jahrhundert zurückgehen, in aller Ruhe auf uns wirken lassen.

 

Weniger interessant fanden wir den Tempel in Eklingji, der nur wenige Kilometer entfernt liegt und immer in einem Atemzug mit genannt wird. Selbiger ist noch in Betrieb, völlig zugebaut und daher für Touristen weniger interessant.

Nun folgte ein kleiner Abstecher nach Sardargarh. Sardargarh? Genau, so stand es auf unserer Reiseroute, und so stand es auch auf dem Zettel unseres Fahrers. Aber nirgends war dieser Ort zu finden, weder im Reiseführer noch auf der Landkarte. Und was sollte es dort wohl zu sehen geben? Wir hatten absolut keine Ahnung, was dieser Programmpunkt zu bedeuten haben mochte. Auch unser Fahrer gab zu, dort noch nie gewesen zu sein. Mehrmals musste er nach dem Weg fragen. Schließlich rollten wir auf den Hof eines prächtigen Hotels. Sardargarh entpuppte sich als Luxusherberge in the middle of nowhere. Nicht wirklich ungewöhnlich für Indien. Neugierig stiegen wir aus. Vor dem Eingangstor wartete bereits ein Empfangskomitee in Person des Managers, einer indischen Bongoband und einiger junger Damen auf uns, die uns Erfrischungen reichten und uns eine roten Punkt auf die Stirn drückten, ein Willkommenszeichen und Glückssymbol. Wieder diese unglaubliche Gastfreundschaft!

Sodann führte uns der Manager persönlich in der Anlage herum und zeigte uns alles. Erst als er meinte, an dem Pool dort drüben könnten wir heute Nachmittag relaxen, getraute ich mich zu fragen, ob dies alles nicht vielleicht ein Missverständnis sein könnte, denn unser Reiseplan sah eine Übernachtung in Deogarh vor, und bis dort war es noch knapp eine Stunde Fahrt. In der Tat, der Mann wartete auf ganz andere Gäste und hatte uns mit ihnen verwechselt. Warum man uns überhaupt nach Sardargarh kutschiert hatte, ist uns bis heute ein Rätsel. Jedenfalls mussten wir dort wieder abreisen. Leider, denn die Anlage war wirklich sehr schön.

Der alte Maharajapalast in Deogarh, unser richtiges Hotel, stand dem aber in nichts nach (Bild rechts). Wir wohnten in einem Zimmer mit 200 Jahre alten Malereien an den Wänden. Wunderbar, diese exotisch-orientalische Atmosphäre. Allerdings übertrieb der Reiseführer etwas, der das Deogarh Mahal als "schönstes Hotel Rajasthans" lobte, denn dieser Titel gebührt unzweifelhaft dem Laxmi Niwas Palace in Bikaner (oder dem Lake Palace Hotel in Udaipur, dessen Qualität wir leider nicht beurteilen können).


Eine Enttäuschung erwartete uns dagegen in Jaipur, der Hauptstadt Rajasthans: Unser dortiges Hotel, das Shahpura House, entpuppte sich als einzige Baustelle. Kein Pool, keine Terrasse und ohrenbetäubender Lärm. Dass man während dieser Bauzeit dort Gäste unterbrachte, war eine echte Frechheit! Und das, wo wir einen ganzen Nachmittag in Jaipur zum Relaxen zur freien Verfügung hatten, bevor es am nächsten Morgen mit der Besichtigung dieser Drei-Millionen-Metropole losgehen sollte!

Doch Rettung war nahe, und zwar in Gestalt es Rambagh Palace Hotels (Bild unten). Dieses Hotel hätte ich - welche Ungerechtigkeit - unbedingt in meine obige Liste der besten Hotels Rajasthans aufnehmen müssen, denn es war einfach unbeschreiblich, wie wohltuend diese Oase nach dem Schock im Shahpura House auf uns wirkte. Das Hotel - natürlich ein ehemaliger Maharajapalast - liegt inmitten eines herrlichen Parks. Bis auf die Vögel hört man keinen Ton, wenn man dort bei einem Cocktail oder einem Kingfisher-Bier (oder beidem) ein paar Häppchen zu sich nimmt (sehr zu empfehlen: die italienische Antipasti-Platte). Wir verbrachten einen so wunderbaren Nachmittag dort, dass wir uns am zweiten Tag, nach Ende der Besichtigungen, noch einmal dorthin bringen ließen. Und man glaubt es nicht, die Kellner erinnerten sich sofort an uns, sogar unsere Speisen und Getränke vom Vortag wusste man noch. Mit freundlichem Grinsen wurden wir gefragt, ob wir wieder "das Übliche" wünschten - und natürlich wünschten wir!