Mietwagenrundreise
Zurück in Miami stand bereits am frühen Morgen die Ausschiffung an.
Wir hatten uns für einen "Express-Checkout" entschieden, der
besonders schnell gehen sollte. Tatsächlich aber verzögerte sich
alles um ca. eine Stunde, weil die amerikanischen Zollbehörden das
Schiff nicht freigaben und nach erfolgter Freigabe ganze drei
Schalter (!) für 3.500 Passagiere öffneten. Ein an Schikane
grenzendes Organisationsverschulden. Apropos
Organisationsverschulden: Wir wollten besonders schlau sein und
hatten uns entschieden, unseren Mietwagen für die Floridarundreise
an einer Station am Biscayne Boulevard zu übernehmen, denn der
Biscayne Boulevard bildet zugleich die Hafenpromendade in Miami. Aus
dem erhofften kurzen Weg vom Schiff zum Mietwagen wurde aber nichts,
denn- was wir nicht ahnten - der Biscyne Boulevard ist ungefähr so
lang wie die Transsibirische Eisenbahn. Und als wir nach einer
Taxifahrt, die uns gut eine halbe Stunde Zeit und 50$ gekostet hat,
endlich bei Thrifty ankamen, sahen wir auf dem Hof kein einziges
Cabrio stehen!
Alles wie immer: Sorge um das Cabrio
Wir haben leider schon mehrfach die
Erfahrung machen müssen, dass uns ein angemietetes und im
Vorfeld schriftlich garantiertes Cabrio vor Ort faktisch nicht zur
Verfügung gestellt wurde (ich sage es immer wieder:
BOYKOTTIERT HERTZ, überall und unter allen Umständen !!), und auch diesmal schwante uns Böses. Zunächst
waren wir noch allein vor Ort, denn wir trafen schon um 7:30 a.m.
ein, geöffnet wurde erst um 8:00 a.m. Als die verantwortliche Dame
dann eintraf, hatte sie tatsächlich kein Cabrio zu bieten. Zum Glück
für uns stellte sich aber nach einigen Telefonaten heraus, dass die
Thrifty-Station am Flughafen noch Cabrios hatte. Zwar lag der
Flughafen von unserem Standort eine gute halbe Stunde entfernt, aber
wenigstens entlang unserer geplanten Fahrtroute. Und da uns Thrifty
für den Transfer ein eigenes Fahrzeug (Jeep) zur Verfügung stellte,
erschöpfte sich diesmal der ganze Umstand in einer halben Stunde des
Wartens und der Sorge sowie einer Fahrt zum Flughafen. Dort klappte
dann aber alles relativ glatt, und gegen 9:30 a.m. konnten wir
unseren rostroten Ford Mustang in Empfang nehmen.
"Unser" Ford
Mustang:
|
Highway 1
Als Ziel für die nächsten drei Tage hatten wir uns Key West
ausgesucht. Wir waren
2003 schon einmal dort und haben die
relaxte Atmosphäre sehr genossen.
Außerdem ist bereits der Weg dorthin eine Attraktion, denn der auch
"Overseas Highway"
genannte Highway 1 ist eine Panoramastrecke erster Güte. Wie eine
Perlenschnur verbindet er über
106 Meilen die kleinen und großen Inseln aus Kalk- und
Korallengestein, die man unter dem Begriff "Florida Keys" (vom
spanischen "cayo" für "kleine Insel") zusammenfasst. Zunächst
dominiert noch das Festland, aber dann werden die Inseln kleiner und
die Abstände größer, und spätestens ab Marathon, einem etwa
auf halber Strecke gelegenen Ort, hat man teilweise das Gefühl,
direkt über das Wasser zu fahren. Drei Meter links und rechts der
Fahrbahn beginnt bereits der Atlantik. Außerdem geht es über
zahlreiche Brücken, unter denen die "Seven Mile Bridge"
die längste, schönste und bekannteste ist.
Key Largo
Als "Tor" zu den Florida Keys bezeichnet sich gerne das Städtchen
Key Largo. Nicht selten werden ja berühmte Filme nach Städten
benannt (Casablanca zum Beispiel), und man könnte meinen, auch der
gleichnamige
Bogart-Film
von 1948 hieße nach Key Largo. Tatsächlich war es
umgekehrt, Key Largo hieß damals (treffend) Rock Harbor, und erst nachdem der
partiell dort gedrehte Film unter dem Namen "Key Largo" herauskam
und ein Erfolg wurde, änderte man kurz entschlossen den Ortsnamen, um von der
Popularität des Films zu profitieren. Bogart hat Key Largo übrigens
nie betreten, seine Szenen wurden alle im Studio in Hollywood
gedreht. Das hindert die Stadt allerdings nicht daran, ihren
Bogart-Fetisch zu pflegen. Zum Beispiel hat sich das örtliche Holiday Inn irgendwie die original "African Queen" aus dem
gleichnamigen
Bogart-Film von 1951 geangelt und ausgestellt. Wer
eine ansprechende Aufbereitung erwartet, wird allerdings enttäuscht:
Der Kutter liegt lieblos, marode und unzugänglich an einem
Pier (Bild rechts).
Key West
Warum sind wir wieder nach Key West gefahren, obwohl wir
schon einmal dort waren? Sicher nicht, um etwas zu
besichtigen, was wir 2003 vielleicht verpasst hätten. Nein, so
furchtbar viel zu sehen gibt es dort gar nicht. Gut, das Haus
von Hemingway und seine Stammkneipe "Sloppy Joe's"
existieren immer
noch. Letztere lebt von der guten alten Zeit, ersteres von
einem mittlerweile auf 12$ erhöhten Eintritt. Für ebenfalls
nicht ganz billige 10$ kann man ferner auf einen ehemaligen Leuchtturm klettern, dessen schmales Aussichtsplateau einen
Blick über ganz Key West bietet. Dort fällt einem erst auf,
wie grün alles angelegt ist (Bild rechts). Schließlich und vor allem
steht in Key West die meistfotografierte "Attraktion"
Floridas: Jene legendäre schwarz-rot-goldene Tonne, die den
südlichsten Punkt der U.S.A. markiert (genauer gesagt den
südlichsten Punkt von "Continental U.S.A.", wie es auf der
Tonne heißt, denn Hawaii liegt noch südlicher). Klar, dass wir
all das mitgenommen haben, und noch das eine oder andere mehr.
Aber diese Sehenswürdigkeiten sind doch vergleichsweise
unspektakulär, und der eigentliche Grund für unseren erneuten
Besuch in Key West war ein ganz anderer, nämlich das
Lebensgefühl dort unten. Alles geht einen Tick langsamer und
entspannter zu als anderswo. Man kann die Atmosphäre nur
schwer beschreiben. Wunderbar sind
jedenfalls die Sonnenuntergänge am Hafen, die man am besten
bei Musik und einem Drink am Sunset Pier genießt.
Davor haben wir - bei uns Tradition - im Outback Steakhouse
lecker gegessen, danach einen Spaziergang durch den
Hafen gemacht und uns in das Getümmel am Mallory Square
gestürzt, wo sich viele Geschäfte befinden und Straßenkünstler
die Touristen unterhalten. Dort legen auch die dicken
Kreuzfahrtschiffe an, für die wir - von der "Freedom of the
Seas" kommend - nur ein müdes Lächeln übrig hatten...
Dry Tortugas N.P.
Key West bildet nur das Ende des Highway 1, die Keys setzen
sich aber noch weiter fort. Ihren Abschluss bilden die sieben
Inseln der "Dry Tortugas", die immerhin 112 km westlich von
Key West liegen. Ponce de Leon entdeckte sie 1513 und
verpasste ihnen wegen der Vielzahl an Schildkröten den Namen "Tortugas"
(=Schildkröten). Die Amerikaner ergänzten später das "Dry"
(="trocken"), weil es dort kein Trinkwasser gibt. Auf der
Hauptinsel steht das vielleicht ungewöhnlichste Gebäude der
gesamten USA: Ein Fort aus der Mitte des 19. Jahrhunderts
(1846-64 erbaut). Nochmals: Mitten im Atlantik, 112 km von der
nächsten bewohnten Insel entfernt, hat man ein riesiges
Fort hochgezogen, das von einer 2,5m dicken, 15m hohen Mauer
umgeben ist.
Militärisch war
dieser nach dem 3. Präsidenten der U.S.A. "Fort Jefferson"
getaufte Außenposten - oh Wunder - natürlich eine echte
Schnapsidee. Die durchschnittlich 500 Mann Besatzung
langweilten sich zu Tode, nie ist ein Schuss auf ein
militärisches
Ziel abgegeben worden. Um die Anlage
einigermaßen sinnvoll zu nutzen, hat man daher schon während
ihres Baus einige Quartiere in Gefängniszellen umgewandelt.
Berühmtester Gefangener auf den Dry Tortugas war Dr. Samuel
Mudd, dessen ganzes Verbrechen darin bestand, den am Bein
verletzten Mörder von Präsident Lincoln ärztlich versorgt zu
haben. Ganz abgesehen davon, dass sein hippokratischer Eid ihn
hierzu verpflichtete, wusste Dr. Mudd nicht einmal, wen er da
vor sich hatte. Trotzdem brachte ihm die Behandlung jenes
Herrn Booth lebenslang auf den Dry Tortugas ein! Erst als
dort einige Jahre später eine Gelbfieber-Epidemie ausbrach und
Dr. Mudd sich unermüdlich um die erkrankten Gefangenen und
Wärter kümmerte, wurde er begnadigt. Seine endgültige
Rehabilitation erfolgte aber erst 1979 durch US-Präsident
Jimmy Carter - 96 Jahre nach Dr. Mudds Tod.
Dass das Fort auch als Gefängnis nicht lange überdauerte, lag
an den immensen logistischen Problemen und der Tatsache, dass
sein ungeheueres Gewicht mächtig auf den weichen Kalk- und
Korallensteinboden drückte, sodass sich schnell überall Risse
zeigten. Die Kosten für die Unterhaltung stiegen ins
Unermessliche, und so zog man bald gänzlich ab. 1935 bekam
Fort Jefferson den Rang eines "National Monuments", die Dry
Tortugas insgesamt sind ein Nationalpark (übrigens der am
wenigsten Besuchte der ganzen U.S.A.).
In ihrer unmittelbaren Nähe befinden sich einige
Korallenriffe, die ein El Dorado für Schnorchler sein
sollen. Obwohl unsere Tour eine Ausrüstung mit Maske und
Flossen einschloss, verzichteten wir jedoch angesichts der
deutlich unter unserer Einstiegsschwelle liegenden
Wassertemperatur lieber auf diese Erfahrung.
Katamaranfahrt
Schon die Anreise zu den Dry Tortugas ist ein Erlebnis, denn
es gibt nur zwei Möglichkeiten, die beide auf ihre Art
spektakulär sind: Wasserflugzeug oder Katamaran. Wir
entschieden uns für letztere, genauer gesagt für die "Fast
Cat" (Bild), wobei wir arge Nöte mit der
Terminsbestimmung hatten, denn es boten sich Montag und
Dienstag an, und für beide Tage war schlechtes Wetter
angesagt! Zu unserem großen Glück entschieden wir uns für den
Montag, der sich entgegen aller Prognosen als herrlicher
Sonnentag entpuppte, während es Dienstag bis in den Nachmittag
hinein regnete. Schwein gehabt, denn so wurden die Fahrt mit
dem Katamaran und vor allem natürlich der Aufenthalt auf den Dry Tortugas zu einem ganz besonderen Erlebnis. Vergleichbares
gibt es sicherlich nirgendwo auf der Welt. Schildkröten haben
wir zwar keine gesehen, dafür aber unzählige Vögel, die auf
einer der kleinen Nachbarinseln brüteten.
Der Rückweg durch
raue See war übrigens für manche Mitreisende zuviel des Guten,
aber uns ging es, wie wie schon vor Cozumel, erstaunlich gut.
Früher bin ich schon beim Anblick von Wasser seekrank
geworden, aber anscheinend habe ich diese Schwäche ohne mein
Wissen und Zutun überwunden. Gott sei Dank, möchte ich
ergänzen, denn dieser Urlaub hätte mir sonst ein paar lange
Stunden bereitet. [...weiter]
|
|