USA & Kanada: Der Nordosten 

7. Teil: 14.09.04 bis 15.09.04
Washington, D.C.

 

Washington, D.C.
Die Hauptstadt der USA war die letzte Station auf unserer Reise vor der Rückkehr nach New York, und ähnlich wie in New York ist es nicht eben einfach, sich dort mit dem Auto zurecht zu finden. Es wimmelt nur so von Einbahnstraßen, und einige Kreisverkehre mit verwirrenden Abfahrten (teilweise auf zwei Ebenen) sorgen auch nicht gerade für Übersichtlichkeit. Einmal unfallfrei am Hotel angekommen, ließen wir das Auto deshalb auch schön stehen und fuhren mit der U-Bahn. Selbige ist in Washington wirklich super sauber, schnell und komfortabel. Übrigens hat Washington nach Moskau die tiefsten U-Bahn-Schächte überhaupt, weil man unter einer harten Gesteinsschicht hindurch gebuddelt hat. Unglaublich steile, lange Rolltreppen sind die Folge.

The Mall und Smithsonian Institution
Ausgangspunkt jeder Städtetour sollte die Mall sein. Selbige ist kein Einkaufstempel, sondern die Bezeichnung für einen in Ost-West-Richtung verlaufenden, langen Grünstreifen mitten in der Stadt, an dessen Ostende das Capitol und an dessen Westende das Lincoln-Memorial steht. Am besten fängt man an einem Ende an und kämpft sich bis zum anderen Ende vor. Links und rechts der Mall gibt es dann Memorials, Museen andere Sehenswürdigkeiten en masse. Wir sind am Capitol angefangen, weil es in dessen Nähe eine U-Bahn-Station gab. Das Capitol ist bekanntlich der Sitz des Senats und des Repräsentantenhauses, also das Machtzentrum der USA neben dem Weißen Haus. Leider fanden dort gerade Bauarbeiten statt, offensichtlich zur Verbesserung der Sicherheitsvorkehrungen. Es kostete viel Mühe, einen Winkel ohne Baukran zu finden, um ein ansehnliches Foto schießen zu können. Eine Besichtigung des Inneren lohnt sich schon wegen der gewaltigen Kuppel, eine solche hatte ich aber während meines in der Einleitung erwähnten Referendar-Aufenthalts 1997 schon mehrfach gemacht, sodass wir diesmal darauf verzichteten. Ich bin nicht einmal sicher, ob angesichts der Bauarbeiten überhaupt geöffnet war.

Geschlossen war jedenfalls aus eben jenem Grund das Washington Monument, das mitten auf der Mall steht und stark an einen ägyptischen Obelisken erinnert. 1997 konnte man noch mit dem Aufzug bis in die Spitze fahren und hatte von dort aus einen wunderbaren Blick auf die nahegelegenen Sehenswürdigkeiten und über die ganze Stadt. Gut, nichts zu machen. Wenn man es positiv sehen will, blieb so noch mehr Zeit für die anderen Attraktionen. Eine davon ist das "World War II"-Memorial, das sehr wohlüberlegt angelegt wurde. Man betritt die kreisrunde Anlage durch zwei gegenüberliegende Tore, die mit "Atlantic" und "Pacific" überschrieben sind. Den Kreis bilden 50 kranzbehangene Säulen mit den Namen der US-Bundesstaaten, in der Mitte befindet sich ein Wasserbecken, das wohl den Ozean symbolisieren soll, und eine Wand mit 4.000 Sternen steht für die 400.000 im Krieg gefallenen US-Soldaten. Auch wenn wir uns dort nur kurz aufhielten, fand ich es sehr eindrucksvoll.

Lincoln und Jefferson
Am anderen Ende der Mall steht das Lincoln Memorial zu Ehren Abraham Lincolns, des 16. Präsidenten der USA und des Bewahrers der Union im Bürgerkrieg. Ein weißes, von Säulen getragenes Mausoleum birgt eine überlebensgroße Statue, die den wie auf einem Thron sitzenden Lincoln zeigt. Vor dem Memorial befindet sich der Reflecting Pool, der seinen Namen der Tatsache verdankt, dass sich das Washington Monument in voller Länge in ihm spiegelt. Legendär eingefangen wurde die ganze Szenerie im Film "Forrest Gump", wo Forrest vor dem Memorial eine Rede hält und seine Freundin aus der Menge heraus durch den Reflecting Pool watet, um ihn zu umarmen. Vom Lincoln Memorial aus muss man eine gute halbe Stunde Fußmarsch auf sich nehmen, um zum Jefferson Memorial zu gelangen, das dem 3. Präsidenten der USA, dem "Vater der Verfassung" gewidmet ist. 1997 hatte ich mich vor dem Weg immer gedrückt, aber diesmal wollte ich es unbedingt nachholen. Im Gegensatz zu Lincoln sitzt Jefferson nicht, sondern er steht, und das Mausoleum ist nicht viereckig, sondern rund, aber ansonsten kann man die beiden Bauwerke sehr gut miteinander vergleichen.

Vietnam und Korea
In unmittelbarer Nähe des Lincoln Memorials, allerdings auf verschiedenen Seiten des Reflecting Pools liegen zwei weitere War-Memorials, nämlich das dem Vietnamkrieg und das dem Koreakrieg gewidmete. Zum Koreakrieg hat man, umrahmt von Steintafeln mit den Namen der beteiligten Nationen, eine Gruppe von Steinsoldaten aufgestellt, die einen imaginären Hügel erstürmen. Sie sind vom Krieg gezeichnet und sollen wohl den Schrecken des Krieges, aber auch die Tapferkeit der Soldaten symbolisieren. Das Vietnam-Memorial ist eine schlichte Wand, in welche die Namen aller gefallenen US-Soldaten gemeißelt sind (Foto rechts), angefangen vom ersten bis zum letzten Toten. Auch dort wurde gerade eifrig renoviert, und der Großteil der Wand war abgedeckt. Das konnte man aber verschmerzen, denn viel zu sehen gibt es dort ohnehin nicht, und für mich ist dieses Memorial ein einziger großer Grabstein, den man ohnehin vielleicht lieber in Ruhe lassen sollte. Zu den Besuchern gehörten auch ganz überwiegend Familienangehörige und Veteranen, wie übrigens auch an den anderen War-Memorials. Zum Irakkrieg gibt es noch keines, aber ich wage die Prognose, dass es irgendwann eines geben wird. Platz an der Mall ist jedenfalls noch genug, und bisher ist noch jeder Krieg, an dem die Amerikaner beteiligt waren, mit einem Memorial bedacht worden. An der Mall fehlt nur der 1. Weltkrieg, aber für den gibt es eine Gedenkstätte auf dem Arlington Cemetery vor den Toren der Stadt, wo übrigens auch JFK begraben ist.

Einstein und Weißes Haus
Natürlich mussten wir unbedingt noch zum Weißen Haus, das als letzte Attraktion des heutigen Tages auf dem Programm stand, weil es nicht an der Mall liegt, sondern etwas weiter nördlich. Vom Vietnam-Memorial aus führt der Weg dorthin fast direkt an der bekannten Einstein-Statue vorbei, einer selten gelungenen Kombination aus künstlerischer Gestaltungsfreiheit und naturgetreuer Ähnlichkeit mit dem Abgebildeten. Das Weiße Haus selbst war dann schwerer zu erreichen als geplant, denn auch dort wurden die Sicherheitsvorkehrungen verbessert. 1997 konnte man an der Frontseite noch bis praktisch an den Gartenzaun heran, 2004 mussten wir zwei Blocks umlaufen und einen Bauzaun überwinden, um überhaupt einen Blick zu erhaschen. Fast noch bekannter weil noch schöner als die Front (kleines Foto links) ist übrigens die Rückseite (großes Foto unten), die viel leichter zugänglich ist. Wenn man im Fernsehen einmal darauf achtet, sieht man die Reporter auch fast ausschließlich vor der Rückseite stehen. Am Ende des Tages waren wir total tot, und wenn man sich das geschilderte Programm einmal ansieht, frage ich mich heute, wie wir das eigentlich geschafft haben, ohne Stress zu empfinden. Vermutlich gibt es einfach so viel zu sehen, dass man gar nicht merkt, wie die Zeit vergeht. 

Museen
James Smithson war ein unbedeutender englischer Chemiker. Aber er war steinreich, und nach seinem Tod 1829 vermachte er einen Großteil seines Geldes einer Stiftung, der nach ihm benannten Smithsonian Institution. Deren Verwalter legten das Geld so geschickt an, dass man bis heute in einer Vielzahl von Museen entlang der Mall die erlesensten Exponate in herrlichen Gebäuden bestaunen kann - und das bei freiem Eintritt. Wo gibt es das noch? Das zweifellos bekannteste und interessanteste unter ihnen ist das "Air & Space Museum" in der Nähe des Capitols, in dem es u.a. die "Spirit of St. Louis" zu bestaunen gibt, mit der Charles Lindbergh die erste Atlantik-Überquerung per Flugzeug von New York nach Paris gelang. Weitere Exponate sind der "Breitling Orbiter 3", mit dem Bertrand Piccard und Brian Jones in nur 19 Tagen nonstop mit einem Ballon um die Erde fuhren, eine Nachbildung der Mondfähre, eine Raumstation, diverse Raketen (u.a. "unsere" V2), Flugzeuge und eine besonders breite Abteilung über die Militärfliegerei. Dieses Museum darf man auf keinen Fall verpassen.

Anschließend trennten wir uns, weil Susanne zum "Old Post Office" wollte, von dessen Turm aus man die zweitbeste Sicht über D.C. hat, mein Interesse aber noch zwei weiteren Museen galt. Im Museum of Natural History gibt es nämlich eine Dinosaurier-Abteilung, in der ein Original-Skelett eines T-Rex steht. Daneben gibt es einige Nachbildungen von Flugsauriern, Sauropoden usw. Als besonderes Bonbon hatte zufällig
gerade die Baseball Hall of Fame einige ihrer interessantesten Exponate in einer Sonderausstellung von Cooperstown nach Washington gebracht, wo sie nun in besagtem Museum of Natural History auf Besucher warteten. Im angeschlossenen Merchandise-Shop fand ich dann auch endlich das von mir langgesuchte Buch mit den Fotos der Baseball-Arenen zu einem günstigen Sonderpreis. Anschließend besuchte ich noch die National Gallery of Art, die eine Reihe weltberühmter Bilder ihr Eigen nennt, u.a. die einige Warhol-Siebrucke (Marylin Monroe, Cambpell-Suppendosen). Wertvollstes Stück der Sammlung ist aber wohl das Portrait der Ginevra Benci von Leonardo Da Vinci (Bild), das eine unverkennbare Ähnlichkeit zur Mona Lisa aufweist, wenngleich es 25 Jahre vorher entstand. Für mich besonders interessant war darüber hinaus das Bild Napoleons, das man in zahllosen Büchern, Internet-Foren und sonstigen Informationsquellen über die Zeit um 1800 findet, die mich seit einiger Zeit besonders interessiert.

Zurück im Hotel erwartete mich noch eine Überraschung, als ich Susanne mein neu erworbenes Buch präsentierte: Sie reagierte ausgesprochen sparsam, und nach kurzer Nachfrage stellte sich heraus, dass sie mein Interesse für jenes Buch bereits in Toronto registriert hatte und heimlich noch einmal in den "größten Buchladen der Welt" zurückgegangen war, um es dort zu kaufen und mir zu Weihnachten zu schenken. Die Überraschung war nun natürlich geplatzt. Künstlerpech! Glücklicherweise hatte ich wenigstens nicht exakt das gleiche Buch gekauft, sondern quasi das "Konkurrenzwerk" mit den selben Stadien, aber etwas anderen Fotos. Und da bei Geschenken bekanntlich in erster Linie der Gedanke zählt, wird meine Freude Weihnachten trotzdem nicht kleiner sein.


Fotos: 



Das US Capitol.

 

Das Washington Monument mit Reflecting Pool vom Lincoln Memorial aus.



Das Lincoln Memorial.

Das Jefferson Memorial. Thomas steht in der Mitte.



Das Korean War Memorial.



Die Einstein-Statue.



Die Rückseite des Weißen Hauses.