2. Tag:
Roßfeldstraße - Kehlsteinhaus - St. BartholomäAm
zweiten Tag wollten wir die legendäre Roßfeldstraße befahren und uns
anschließend das Kehlsteinhaus ansehen. Doch als wir nach ausgiebigem
Frühstück zu unserem Auto zurückkehrten, wartete erst einmal ein
Schock in Person eines Polizeibeamten auf uns, der gerade Spuren
sicherte und Fotos machte: Über Nacht hatten irgendwelche Kriminellen
das Verdeck aufgeschlitzt und versucht, in den Innenraum zu
gelangen. Dabei sind sie dann offensichtlich von der Alarmanlage
verscheucht worden. Es müssen blutige Amateure gewesen sein, denn dass
das Auto alarmgesichert ist, kann jeder Dummkopf auf den ersten Blick
sehen. Auch gab es im Fahrzeug nichts zu holen. Vielleicht ging es aber
auch nur um Vandalismus, immerhin wurden auf dem Parkplatz noch
weitere Fahrzeuge beschädigt. Uns konnte es egal sein, das Verdeck war
jedenfalls unwiederbringlich zerstört.
Natürlich passiert so etwas auf einem Sonntag, wo alle Werkstätten
geschlossen sind. Unser Glück war nur, dass das Wetter nach wie vor
hervorragend war, so dass es weder in der Nacht in das Fahrzeug geregnet
hatte, noch wir tagsüber ein Verdeck gebraucht hätten. Wir
entschlossen uns also dazu, unsere Fahrt wie geplant anzutreten.
Die Roßfeldstraße ist eine der schönsten Alpenstraßen
Deutschlands. Sie führt über den Obersalzberg auf eine Höhe von 1.600
m, unmittelbar in die alpine Bergwelt des Berchtesgadener Landes.
Zahlreiche Aussichtsplateaus mit genügend Parkplätzen laden zum
Rundblick ein. Kehlstein, Hoher Göll und das Tennengebirge sind nur
einige der zu betrachtenden Erhebungen beeindruckenden Ausmaßes. Die
Strecke ist zwar mautpflichtig, aber die Tarife halten sich in erträglichen
Grenzen (Pkw mit Fahrer 4€, jede weitere Person 1,50 €), und das Preis-Leistungs-Verhältnis
ist hervorragend. Unterwegs wird einem alles geboten, was man als
Flachlandpreuße sonst nur aus Heimatfilmen kennt: Almen, Kühe mit
Kuhglocken, Hütten, Wald und eben die Berge. An der höchsten Stelle
befindet sich wiederum ein größeres Aussichtsplateau.
Wir haben es übrigens nicht bereut, recht früh aufgebrochen zu
sein, weil es dann noch nicht so voll ist und wir somit freie Fahrt
hatten. Nichts kann einem eine kurvenreiche Bergtour im Cabrio mehr
vermiesen als ein mit 6 km/h vorausfahrendes Wohnmobil. Überholmöglichkeiten
gibt es auf der verwinkelten, vielfach äußerst steilen Straße kaum,
gefahrlose sowieso nicht.
Vom Ende der Roßfeldstraße ist es nur ein Katzensprung bis zur
Busstation, an der die Busse zum Kehlsteinhaus abfahren. Selbiges
wurde Hitler auf Initiative Bormanns im Namen der NSDAP zum 50.
Geburtstag geschenkt. Es handelt sich um ein massiv gebautes Steinhaus
auf dem Gipfel des Kehlsteins, das nur über eine eigens gebaute,
schmale Straße zu erreichen ist, die für den öffentlichen Verkehr
gesperrt und nur Ausflugsbussen vorbehalten ist. Das Haus wurde - ebenso
wie die Straße - 1937/38 erbaut und von Hitler nur äußerst selten
besucht. Es diente den Nazis zur Unterbringung von Diplomaten. Nach dem
Krieg wurde es - anders als die "Wolfsschanze" auf dem
benachbarten Obersalzberg - nicht in die Luft gejagt, sondern der
Nachwelt erhalten. Heute befindet sich in seinem Innern ein Lokal. Eine
Gedenkstätte oder auch nur einen Hinweis auf die Historie des Hauses
sucht man vergeblich, lediglich im Shop ist ein Video mit der
Entstehungsgeschichte erhältlich.
Die Busfahrt bergauf dauert ca. eine Viertelstunde und ist sehr teuer
(13 €, mit Kurkarte um 50 Cent ermäßigt). Sie endet an einem Tunnel,
der ca. 100 m in das Berginnere führt. An dessen Ende wiederum befindet
sich ein Aufzug, der 124 m hoch direkt in das Kehlsteinhaus führt. Natürlich
kann man von der Busstation aus auch dorthin wandern, der Aufstieg
dauert ca. eine halbe Stunde. Angeblich ist der Aufzug noch im
Originalzustand, aber das kann m.E. höchstens für das goldene
Interieur stimmen, denn eine Technik, die ca. 30 Passagiere in
vielleicht 15 Sekunden geräuschlos 124 m in die Höhe befördert, gab
es damals mit Sicherheit noch nicht. Oben angekommen bietet sich dem
Betrachter wiederum ein herrlicher Ausblick. Über das
Berchtesgadener Land kann man bei klarer Sicht bis nach Salzburg
schauen. Auch der Königssee ist als kleiner Teich zu erkennen. Das
Kehlsteinhaus selbst ist ebenso wie der Zugangstunnel ein Musterbeispiel
für die Nazi-Architektur. Dicke Wände, massive Steine und pompöse
Ausstattung erinnern eher an eine Ritterburg als an eine Freizeitvilla.
Ich nehme an, der Führer wollte es so. Das Geschenk kann auch nicht
ganz billig gewesen sein, allein die Straße dorthin dürfte Millionen
Reichsmark verschlungen haben.
Zurück in Königssee haben wir dann noch einen Bootsausflug nach St.
Bartholomä gemacht. Dabei handelt es sich um eine Kapelle, die im
hinteren Drittel des Königssees am Westufer liegt. Dort gibt es einen
Biergarten und zahlreiche Wandermöglichkeiten,
aber auch der Bootstörn über den See (ca. 30 Minuten, 11 €
pro Nase) lohnt sich für sich genommen schon. Interessant fand ich z.B.
eine Einlage auf etwa halber Strecke, als uns die Echobläser vom
Königssee mittels eines Hornsolos vorführten, wie der Schall von den
Gebirgsmassiven über den Königssee zurück geworfen wird. Anlässlich
dieser Vorführung wurde mir klar, dass ich noch nie ein richtiges Echo
gehört hatte, denn selbiges ist etwa mit dem Wiederhall in einem
engen Gebäude oder Tunnel überhaupt nicht zu vergleichen, eher schon
mit einer Zweitstimme beim Gesang.
Die Kapelle selbst ist
sicher sehr spannend für Kapellen-Interessierte, wir haben hingegen lediglich
einen kurzen Blick hinein geworfen und von jeglicher Touri-Aktivität
wie Fotografieren im Inneren abgesehen. Stattdessen haben wir uns auf
einer Bank die Sonne ins Gesicht scheinen lassen und vor der Rückfahrt
noch von den frisch gefangenen Forellen gekostet, die der örtliche
Fischermeister mit exklusiver Sondererlaubnis aus dem Königssee fischen
darf.
Bilder:
|