Downtown
Atlanta
Atlanta ist keine Stadt für Touristen. Gäbe es nicht die Braves,
wäre ich mit Sicherheit niemals auf die Idee gekommen, dorthin
zu
fliegen. Das vorausgeschickt, gibt es in Atlanta doch eine Menge zu
sehen, wenn man die Augen offen hält. Genauer gesagt vor allem in
der näheren Umgebung von Atlanta, denn die Innenstadt präsentiert
sich eher unspektakulär. Natürlich gibt es einige Hochhäuser,
aber nicht in der Höhe und
in der Anzahl wie bspw. in
New York oder
Toronto. Für Touristen
schon eher von Interesse ist vielleicht Underground Atlanta,
eine Einkaufsmeile, die sich unmittelbar an die zentrale
U-Bahn-Station "Five Points Station" anschließt. Mein Weg zum
Braves Shuttle führte mich täglich dorthin. Es werden vor allem
Touristenbedarf wie Klamotten, Andenken usw. angeboten.
In unmittelbarer Nähe von Underground Atlanta liegt der Olympiapark
von 1996, "Centennial Olympic Park" genannt, weil die
Olympischen Spiele der Neuzeit 1896 zum ersten Mal ausgetragen
wurden, Atlanta 1996 also das 100jährige Jubiläum markiert. Dort hat
man diverse an eine olympische Fackel erinnernde Säulen (Bild links)
um einen großen Springbrunnen herum angelegt und mit viel Grün
aufgelockert. Ganz nett, wenngleich nichts Besonderes.
Darüber hinaus habe ich mir das Margaret Mitchell House
angesehen, das ein kleines Museum über Leben und Werk der Autorin
von "Vom Winde verweht" beheimatet. "Klein" ist besonders die
Ausstellung über
das Werk, denn Mitchells Œuvre besteht aus genau
einem Buch - Vom Winde verweht eben. Das Bild links hängt im Foyer
des Museums und zeigt Mitchell (Mitte) mit den Darstellern des
Films. Was auf diesem Foto im Gegensatz zu anderen Bildern nicht so
gut herauskommt ist übrigens, dass Margaret Mitchell eine äußerst
attraktive Frau war.
Mitten in der Stadt liegen auch Grabmal und Gedenkstätte des
Bürgerrechtlers Rev. Martin Luther King Jr., der wie Mitchell aus
Atlanta stammte. Sein Sarg ist - etwas gewöhnungsbedürftig, wie ich
finde - mitten in einem Swimmingpool aufgestellt (Bild rechts) und
für jedermann zu besichtigen. Natürlich trägt er die Aufschrift
seines wohl berühmtesten Satzes "I'm free at last". Ein echtes
Abenteuer war es übrigens, überhaupt dorthin zu gelangen. Unproblematisch war
noch
die Fahrt mit dem MARTA Train bis zur Station "E2 - King Memorial".
Ich hatte eigentlich erwartet, dass die Gedenkstätte in
unmittelbarer Nähe der Haltestelle liegen würde, wenn man sie denn
"King Memorial" nennt, doch weit gefehlt - man muss erst noch ca.
einen Kilometer durch ein Schwarzenviertel laufen. Ich will hier
keine Vorurteile ausbreiten oder mich gar abfällig über eine
bestimmte Personengruppe äußern, aber doch in aller Deutlichkeit gesagt haben, dass ich diese Strecke als weißer, mit Rucksack
und Kamera bewaffneter Tourist nicht noch einmal zu Fuß gehen
möchte. Dass ich diesen Bericht schreiben kann beweist zwar, dass
mir nichts passiert ist, aber das war, glaube ich, mehr Glück als
Verstand. Ich habe jedenfalls gleich drei Leute gesehen, die eine
Knarre hinten in der Hose stecken hatten, und damit meine ich keine
Polizisten! Ein anderer Typ, der
offensichtlich nicht mehr Herr seiner selbst war, hat mir an einer
Straßenecke direkt vor die Füße gekotzt.
Also, wenn man die
Gedenkstätte sehen will, was sich m.E. ohnehin nicht unbedingt
lohnt, wenn man nicht SEHR an der Bürgerrechtsbewegung interessiert
ist, sollte man sich ein Taxi nehmen oder den Besuch am besten ganz
sparen.
Dass die knappe Beschreibung im ADAC-Reiseführer von diesen
Problemen kein Wort erwähnte, sei nur am Rande vermerkt. Sollte es
nicht die erste Aufgabe eines Reiseführers sein sicherzustellen,
dass der Reisende die Reise überlebt?
Buckhead
Buckhead ist ein Stadtteil im Nordwesten Atlantas, der auch noch mit
dem MARTA Train zu erreichen ist. Nach meinem
Eindruck
handelt es sich um einen der am schnellsten wachsenden Stadtteile,
denn überall wurden dort riesige Hotels hochgezogen. Das war
allerdings nicht der Grund meines Besuches dort, sondern vielmehr
das Atlanta History Center, in dem es, wie der Name schon
sagt, allerlei über die Geschichte der Stadt zu sehen gibt. Circa
vier Kilometer sind es von der
Endstation der U-Bahn bis zum History Center, die man mit dem Taxi oder zu Fuß
bewältigen kann. Letzteres hat den Vorteil, dass man an zahlreichen
wunderschönen Häusern im Stil der Südstaaten Mitte des 19.
Jahrhunderts vorbei kommt. Darunter befindet sich auch "Governors
Mansion", die Residenz des Gouverneurs (Bild links), welche der
Reiseführer besonders empfahl. Ich fand allerdings einige
Privathäuser wesentlich spektakulärer (siehe große Fotos unten).
Das Atlanta History Center war sehr ansprechend aufgemacht. Es
handelt sich nicht einfach um ein Museum, sondern um eine ganze
Anlage, auf der sich hinter dem Hauptkomplex noch ein großer Park mit
zahlreichen anderen Gebäuden befindet, unter ihnen das wunderschöne
Swan House, das seinen Namen übrigens
nicht seiner Form, sondern dem sich im Interieur immer
wiederholenden Schwanmotiv verdankt. Die Ausstellungen im
Hauptgebäude informieren vor allem über den Sezessionskrieg (m.E.
besonders gut gemacht), die Gründerjahre und die Olympischen Spiele
1996. Dort konnte man auch einmal bewundern, was man hätte gewinnen
können, wenn man damals nur richtig trainiert hätte (Bild rechts)...
Shree Swaminarayan
Mandir Atlanta
Am 09.09., einem Sonntag, hatten die Braves das letzte Heimspiel
während meiner Reise. Die Lufthansa fliegt ab Atlanta aber immer nur
Dienstags, sodass der Montag als "Brückentag" verblieb. Ich nutzte
die Zeit, um mit einem Mietwagen zwei im weiteren Umfeld von Atlanta
gelegene Attraktionen zu besichtigen. Die erste davon war der
nagelneue Hindu-Tempel in Lilburn, nordöstlich von Atlanta
gelegen. Nicht leicht zu finden, denn er taucht noch in keinem
Reiseführer auf (wovon es für
Atlanta
ohnehin kaum welche gibt), und auf ihrer
Website
informieren die Hindus zwar ausführlichst über ihre Religion, leider
aber nicht über die Lage ihres neuen Tempels. Hätte ich von dessen
Existenz nicht zufällig kurz vor Reiseantritt aus den "Tagesthemen"
erfahren, wäre mir ein absolutes Highlight entgangen, denn dieser
erst Ende August 2007 fertig gestellte Tempel - übrigens nicht zu
verwechseln mit einem anderen, weniger spektakulären Tempel selben
Namens - ist einfach unglaublich, großartig, sensationell! Ich habe
keine Worte für die Schönheit dieses Bauwerks, welche von den Fotos
(links und
großes Foto unten) nicht annähernd eingefangen wird. Das gesamte
Gebäude besteht aus Sandstein und weißem Marmor. Ich wiederhole: Das
gesamte Gebäude! Man hat nicht ein einziges Stück Metall verwendet,
keine Schraube, nichts! Einfach überwältigend. Die Steine hat man
extra aus Indien, Italien und der Türkei herbeigeschafft. Die
zahllosen Figuren innerhalb und außerhalb des Tempels (Bild rechts)
entstanden in Handarbeit. Zwei Daten noch: Es handelt sich um den
größten Hindutempel außerhalb Indiens, und der Bau hat 19 Millionen
US-Dollar gekostet.
Zum Glück ist der Tempel für jedermann zugänglich, wenn man vier
Regeln beachtet: Man muss die Schuhe ausziehen, angemessene Kleidung
tragen, ruhig sein und darf nicht fotografieren. Selbstverständlich
verstehe und respektiere ich diese Regeln, aber letztere hatte den
Nachteil, dass ich hier und jetzt keine Fotos vom Inneren
präsentieren kann. Deshalb ein Vergleich: Im James-Bond-Film "Die
Welt ist nicht genug" gibt eine Szene in einem Eispalast, und genau
wie dieser Eispalast wirkt der Hindu-Tempel von innen. Der weiße
Marmor glänzt und scheint, wunderbar von einem matten, hellblauen
Licht illuminiert, und im Kontrast dazu funkeln und blitzen die
goldenen Statuen der Hindugötter, welche an den Seitenwänden der
Haupthalle aufgestellt sind. Man muss es gesehen haben, denn wie
könnte ich etwas beschreiben, was schon Bilder nicht wiedergeben
können? Postkarten o.ä. gab es leider (noch) nicht, es ist eben noch
vieles im Aufbau dort. Vielleicht gibt es irgendwann Bilder im
Internet, wer weiß...
Stone Mountain Park
Die letzte Besichtigungstour meiner Reise führte in den Stone
Mountain Park, der erfreulicherweise nicht weit von Lilburn entfernt
liegt. Den Stone Mountain, mitten im gleichnamigen Park gelegen,
möchte ich einmal als Kombination aus Ayers Rock und Mount Rushmore
bezeichnen. Ayers Rock, weil es sich auch um einen mitten in der
Landschaft liegenden, riesigen Granitfelsen handelt, der zu
allem Überfluss auch noch in etwa die gleiche Form hat wie sein
berühmter australischer Bruder.
Rot
ist er allerdings nicht, der Stone Mountain, sondern - wie es sich
für einen Granitfelsen gehört - felsgrau. Und mit Mt. Rushmore hat
er gemeinsam, dass man auf einer riesigen Fläche drei berühmte
Persönlichkeiten aus dem Fels gemeißelt hat. Jaja, ich weiß, beim
Mt. Rushmore sind es vier, aber dafür sind die die drei vom Stone
Mountain zu Pferd!
Es handelt sich, wie man auf dem Bild links unschwer erkennen kann,
um die drei größten Persönlichkeiten der Südstaaten im
Sezessionskrieg, also Jefferson Davis, den ersten und
einzigen Präsidenten der Konföderation, und seine beiden führenden
Generäle Robert E. Lee und Thomas "Stonewall" Jackson.
Nun ist ja bekannt, dass die Südstaaten im Sezessionskrieg nicht
unbedingt für eine gute Sache kämpften, was dieses "Denkmal" schon
einmal ambivalent macht. Wenn man dann noch weiß, dass es zum
Großteil aus Mitteln entstanden ist, die der Ku Klux Klan gesammelt
hat, muss man sich ernsthaft fragen, warum es noch nicht gesprengt
worden ist. Wahrscheinlich deshalb, weil es dann eine
Touristenattraktion weniger gäbe, denn sehenswert sind Park und
Felsen allemal. Fertig gestellt wurde das Relief übrigens erst 1970,
nach fast 60 Jahren Bauzeit (erste Denkanstöße gab es im Jahre 1909
anlässlich der Gedenkfeier zum 100. Geburtstag von Abraham Lincoln).
|