Reiseplanung
Vom 8. bis 22. Juli 2006 waren wir in Norditalien und der Schweiz
unterwegs. Geplant war, mit dem Cabrio über einige der schönsten
Alpen- und Dolomitenpässe zu fahren und die oberitalienischen Seen
in Augenschein zu nehmen. Einen solchen Urlaub findet man nicht im
Katalog, und so mussten wir diesmal die Reiseroute selbst festlegen
und die Hotels "von Hand" heraussuchen. Natürlich war dies mit etwas
Arbeit verbunden, aber Reiseplanung macht im Grunde Spaß, und wenn
man nicht "à la carte" bucht, gewinnt man die Freiheit, die Reise
bis ins Detail nach eigenen Wünschen zu gestalten.
Anreise
Bei besagter Reiseplanung stellten wir schnell fest, dass
Easyjet
Samstags zu unschlagbar günstigen Tarifen von Dortmund nach Mailand
fliegt, was uns hervorragend passte, da wir Mailand als
Ausgangspunkt unserer Reise vorgesehen hatten. Billigflieger
schrecken
mich nicht mehr ab, seit ich
mit Ryanair nach Schottland so gute Erfahrungen gemacht habe
und feststellen musste, dass andere Anbieter auch nicht besser sind.
In der Tat hat sich auch Easyjet nichts zu schulden kommen lassen,
wenn man von der mangelnden Informationspolitik des Bodenpersonals
einmal absieht. Am Ende zählt das Ergebnis, und auf dem Hinflug
hatten wir ganze fünf Minuten Verspätung. Das lasse ich als
pünktlich gelten. Weniger angenehm war hingegen der Flughafen
Dortmund, wo man die Fluggäste bei gefühlten 40 Grad warten ließ und erst
zwei Minuten vor dem Einsteigen die Klimaanlage anwarf. Danke dafür.
Kleine Korrektur: Easyjet fliegt nicht nach Mailand, sondern nach
Mailand Malpensa, einen Flughafen nordwestlich von Mailand.
Billigflieger steuern ja oftmals etwas abseits gelegene Flughäfen
an. In unserem Fall war dies aber kein Manko, denn Malpensa ist über
den "Malpensa Express" (30 Min., 11 €) wunderbar an die Innenstadt
von Mailand angebunden, und
unser erstes Hotel war von der Endstation des Zuges aus
bequem zu Fuß zu erreichen. Es liegt direkt neben der Kirche
Santa Maria delle Grazie,
die in einem eigens errichteten Museum das berühmte
"Abendmahl" von Leonardo
da Vinci
beheimatet, welches neuerdings ja auch nicht an Kunst interessierten
Menschen durch Dan Browns Roman "Sakrileg" (engl.: "The da Vinci
Code") bekannt geworden ist. Leider waren die spärlichen
Besichtigungstermine schon komplett ausgebucht.
Bei unserer Ankunft am Hotel stellte sich jedenfalls heraus, dass
das Gebäude gerade renoviert wurde. Ein Hotelmitarbeiter erzählte
mir, dass Filippo Inzaghi - für Nichteingeweihte: Ein Spieler des AC
Mailand, den ich nicht leiden kann, weil er gegen meine Bayern schon
einige wichtige Tore geschossen hat - das Haus gekauft habe und eine
Etage nach seinen Wünschen umbauen ließe. Das hat "Pippo" noch
einmal zwei Punkte in meiner Beliebtheitsskala fallen lassen... :-)
Zum Glück waren wir aber nur Samstag und Sonntag dort, wo sämtliche
Arbeiten ruhten. Wir können uns also überhaupt nicht beschweren,
denn unser Zimmer war sehr schön und vollkommen ruhig; dass
wochentags Baulärm geherrscht haben mag, interessierte uns am
Wochenende nicht.
Mailand
Unser erster Weg in Mailand führte natürlich zum
Dom,
der Hauptattraktion der Stadt. Unseres Erachtens ist der Mailänder
Dom zumindest von außen die schönste Kirche überhaupt. Dies gilt
umso mehr, als die Fassade offensichtlich frisch renoviert worden
ist, denn ich hatte sie aus einem früheren Besuch deutlich
verschmutzter in Erinnerung. Einige Arbeiten waren, wie man an einem
Gerüst erkennen konnte, auch
noch im Gange (nur - wiederum Glück - eben nicht am Wochenende).
Wohl einmalig ist, dass man für einen bescheidenen Eintritt von 6 €
auf dem Dach des Doms
herumlaufen kann,
und zwar nicht nur auf einem schmalen Aussichtsplateau wie sonst
üblich, sondern überall. Sogar ein Sonnenbad auf dem Dach ist
möglich! Diesen Programmpunkt darf man unter keinen Umständen
auslassen, denn es ist ein echtes Erlebnis, die zahllosen Figuren
auf dem Dach ganz aus der Nähe zu erleben (Bild) und den herrlichen
Blick über den Domplatz und die ganze Stadt zu genießen. Außerdem
ist es einfach cool, eine Kirche auf diese ungewöhnliche Weise zu
erkunden.
Von innen muss sich der Dom natürlich auch nicht verstecken.
Besonders in Erinnerung geblieben ist mir, dass Mittel- und
Seitenschiffe durch riesige, wie Wandteppiche von der Decke
herabhängende rahmenlose Gemälde abgetrennt waren. Dadurch wirkte
das Interieur zwar kleiner, aber auch intimer. Derartiges habe ich
noch nie zuvor gesehen.
Eine Anekdote am Rande: In Italien dürfen Frauen Kirchen nicht in
kurzen Röcken oder mit freien Schultern betreten. Und da eine von
uns an diesem heißen Tag ein schulterloses Oberteil trug, wurde sie
nicht eingelassen. Selbstverständlich respektieren wir derartige
Regeln, und so stellte ich nach meiner Solo-Besichtigung meiner
lieben Freundin kurzerhand mein T-Shirt leihweise zur Verfügung,
damit sie anschließend in den Genuss der
Innenarchitektur
(und einer kleinen Abkühlung) kommen konnte. Und was passiert,
während ich, auf ihre Rückkehr wartend, als Einziger unter einigen
tausend Menschen mit freiem Oberkörper auf dem Domplatz herumstehe?
Ein Kamerateam des italienischen Fernsehens kommt auf mich zu und
interviewt mich zum bevorstehenden WM-Finale! Klasse, mein erster
Fernsehauftritt - und das halbnackt. Inhaltlich wollte man übrigens
wissen, ob ich als Deutscher mich über einen WM-Sieg Italiens freuen
würde. "Natürlich", habe ich gesagt (und dabei die Finger hinter dem
Rücken gekreuzt).
Direkt neben dem Dom befindet sich die
Galleria Vittorio
Emanuele II, eine
einmalig schöne Einkaufspassage. Die Front des 1865 errichteten
Gebäudes sieht aus wie ein Triumphbogen (Bild). Die
Passage im Inneren wird durch eine riesige Kuppel aus Glas und Stahl
geschützt. Wenn man schon in Mailand ist, muss man einfach
einmal durch diese Passage geschlendert sein, auch wenn man
vielleicht nichts kaufen möchte. Zudem liegt an ihrem anderen Ende
die Piazza della
Scala mit dem
Denkmal Leonardo da Vincis in ihrer Mitte (Bild), und natürlich mit
der Scala selbst, dem weltberühmten Opernhaus, welches m.E. von
außen relativ schlicht wirkt. Ihren hervorragenden Ruf verdankt die
Scala in erster Linie wohl der Inneneinrichtung, und
selbstverständlich dem Niveau der dort aufgeführten italienischen
Opern. Der Name stammt übrigens von der Kirche Santa Maria alla
Scala, auf deren Ruinen sie erbaut wurde.
Richtig shoppen geht man in Mailand nicht in der Galleria Vittorio
Emanuele II, sondern in der
Via della Spigna,
die sich unweit der Scala befindet. Dort reiht sich ein edles
Designergeschäft an das nächste. In puncto Mode und Design sind die
Italiener ja auch ganz weit vorne: Dolce & Gabbana, Bulgari, Armani,
Cerruti, Gucci, Louis Vuitton und was weiß ich noch wer stellen hier
aus. Auch wenn diese Geschäfte nichts für unseren Geldbeutel sind,
lohnte sich ein Abstecher hierher schon wegen der Atmosphäre auf
jeden Fall. Gegen Abend gab es dann am Domplatz noch ein Cotletto
della Milanese, bevor wir todmüde ins Hotel
zurückkehrten.
Am Sonntag nahmen wir zunächst den
Bahnhof
unter die Lupe, der mir wegen seines riesigen Kuppeldachs aus einem
früheren
Besuch
als eigen Attraktion im Gedächtnis geblieben war. Zusammen mit
Leipzig hat Mailand m.E. den schönsten Bahnhof überhaupt. In der
Haupthalle hingen riesige Plakatwände von "Dolce e Gabbana" (Bild),
die, obschon primär Werbung, das Ambiente eher aufwerteten als
zerstörten. Nach einem kurzen zweiten Abstecher zum Dom ging es
weiter zum
Castello Sforzesco,
einer "nur" 600 Jahre alten, weitläufigen Burg mitten in Mailand,
die sich als weniger interessant herausstellte, allerdings einige
schattige Parkbänke entlang des Burggrabens zu bieten hatte, wofür
man als Tourist an einem heißen Tag auch mehr als dankbar war.
Als nicht so spannend erlebt haben wir die vom Reiseführer als
"Königinmutter aller romanischen Kirchen" hoch gelobte Kirche
Sant' Ambrogio
(Bild unten rechts). Richtig ist, dass sie sehr alt ist (379
gegründet).
Bestimmt tut man ihr auch Unrecht, wenn man sie mit dem Dom
vergleicht, aber wenn man die Bilder vom Dom noch im Kopf hat,
verblasst einfach jede andere Kirche. Vielleicht hätten wir erst zu
Sant' Ambrogio gehen sollen, um sie wirklich schätzen zu lernen.
Überhaupt nicht gelohnt hat sich der abschließende Marsch zum
Museo Nazionale della
Scienza e della Technica,
um das wir erst einmal komplett herumlaufen mussten, bis wir den
Eingang gefunden hatten, der natürlich nicht an der Seite der
Metrostation
lag und der natürlich auch nicht ausgeschildert war. Belohnt wurde
die Suche dann mit einem unverschämt teuren Eintritt und der
Weigerung, uns ohne die Entrichtung desselben die Toilette benutzen
zu lassen, obwohl wir im ganzen im Museum anscheinend die einzigen
Besucher waren. Kein Wunder!
Den Spätnachmittag haben wir dann in herrlicher Ruhe und
angenehmer Kühle auf dem Hotelzimmer verbracht, bevor wir gegen
Abend noch auf ein paar kleine Häppchen zum Kanal gefahren sind.
Danach waren wir rechtzeitig wieder im Hotel, um uns das
WM-Endspiel
zwischen Italien und Frankreich anzusehen.
Übrigens war ich sehr überrascht, wie wenig Aufsehen die Italiener
anlässlich der WM gemacht haben. Sicher, vor dem Mailänder Dom war
eine große Leinwand zum "Public Viewing" aufgebaut, aber man sah
kaum ein beflaggtes Haus, null beflaggte Autos (anscheinend eine
deutsche Spezialität) und auf den Straßen nur wenige Fans in
Trikots, mit Fahnen und dergleichen. Erst gegen Abend, unmittelbar
vor dem Spiel, wurden es deutlich mehr. Selbst nachdem der WM-Sieg
Italiens besiegelt war, haben wir nur vereinzelt Autohupen oder
Fangesänge gehört, und am nächsten Tag hatte man draußen den
Eindruck, als habe es keine WM gegeben. Gut, die Zeitungen waren
natürlich voll, aber das Leben ging am Montag auch in Italien ganz
normal weiter.
Bilder: |