Jaufenpass
Von Sankt Lorenzen führt kein direkter Weg nach Meran, unserer
nächsten Station. Man muss vielmehr einen Halbkreis fahren: Zunächst
Richtung Nordwesten bis Sterzing, dann Richtung Südwesten über Sankt
Martin nach Meran. Am Schönsten ist das Stück über den
Jaufenpass von Sterzing nach
Sankt Martin, der immerhin 2.094 m
Höhe erreicht. Die Strecke führt durch viel Wald und eröffnet
immer wieder schöne Blicke auf die Alpen.
An dieser Stelle eine kleine Italienischstunde für Anfänger: Um das
italienische Wort für etwas zu finden, genügt es unserer Erfahrung
nach völlig, an das entsprechende deutsche Wort ein "O" anzuhängen.
Aus Meran wird so Merano, aus Brenner so Brennero. Mit dieser
verblüffenden Methode kamen wir gut zurecht. Den Jaufenpass haben
wir deshalb spontan "Passo Jaufo" getauft, und zumindest "Passo"
stimmte wieder, wenn auch der Jaufen italienisch Monte Giovo und der
Jaufenpass daher Passo Monte Giovo heißt.
Meran
Einmal über den Jaufenass gelangt, folgt eine vergleichsweise gerade
Abfahrt nach
Meran, das nur noch 324 m über
dem Meeresspiegel liegt.
Meran
ist eine wunderschöne Stadt. Mitten durch die 35.000
Einwohner-Gemeinde fließt die
Passer, welche sich im Südwesten mit
der Etsch vereinigt. Flussabwärts führt die schattige
Sommerpromenade, flussaufwärts die sonnige
Winterpromenade.
Abschreiten sollte man unabhängig von den Jahreszeiten beide, denn
über erstere erreicht man das Denkmal zu Ehren der Kaiserin
Elisabeth, die alle Welt nur
Sissi
nannte, das von schattigen Sitzgelegenheiten umgeben in einem
kleinen Park liegt (Bild), und entlang der Winterpromenade liegen
die
Kureinrichtungen der Stadt, vor allem
das beeindruckende Kurhaus, welches noch aus der Jahrhundertwende
(der vorletzten natürlich) stammt und offensichtlich bestens in
Schuss gehalten worden ist.
Selbstverständlich gibt es auch im Zentrum von Meran eine
Pfarrkirche,
sogar eine sehr schöne, deren Turm das Wahrzeichen der Stadt bildet
(Bild: Baedeker Reiseführer). Es handelt sich um einen typisch
gotischen Bau aus dem 14. bis 15. Jahrhundert. Der obere Teil des
Turms ist allerdings bereits ein Werk der Renaissance, was einem
auch auffällt, wenn man genau hinsieht. Eine
Laubengasse
zum Einkaufen gibt es hier natürlich auch, und wer keine Lust auf
Klamotten-, Schuh- und Schmuckläden hat, kann sich mit einer
druckfrischen Sportbild und einer Zitronenfanta in aller Ruhe in
eines der zahlreichen Cafes zurückziehen.
Keinesfalls versäumen sollte man,
mit dem Sessellift den Küchelberg
hinauf zu fahren. Von oben eröffnet sich ein herrlicher Ausblick
über Meran und die umliegenden Berge. Am besten setzt man sich auf
die Terrasse des dortigen Restaurants und genießt das Panorama bei
einer Kleinigkeit zu essen und vor allem einem kühlen Getränk. Die
Preise waren hier - wie eigentlich überall in Norditalien- nicht
günstig, aber auch nicht unverschämt.
Schloss Juval
Nach kurzer Rast in
unserem
Hotel am Stadtrand brachen wir gegen Abend noch zu einem
Abenteuer auf. Westlich von Meran hat sich nämlich der weltbekannte
Bergsteiger
Reinhold Messner das
Schloss Juval gekauft, und es Zug
um Zug zu seiner Privatresidenz mit angeschlossenem Museum umbauen
lassen. Obwohl Schloss Juval hoch auf einem Berg liegt, ist es von
der Straße aus nicht zu sehen. Man muss schon den schmalen Pfad zum
Schloss hinauf nehmen, was ich keinem Fahranfänger empfehlen würde,
jedenfalls nicht mit einem Kombi. Ganz abgesehen davon war er
eigentlich noch gesperrt, denn das Museum ist in den Sommermonaten
geschlossen, und zu den Privatgästen von Herrn Messner gehörten wir
nicht. Gut, ein Stück weit gefahren sind wir trotzdem, um einen
Blick auf das Schloss riskieren zu können, wobei ich hinzufüge, dass
wir selbstverständlich niemanden gestört haben.
Eine andere Möglichkeit wäre gewesen, von der Hauptstraße aus in das
am Fuße des Berges gelegene Dorf
Naturns abzubiegen. Von dort aus kann man
das Schloss nämlich auch sehen, weil man mehr Distanz zum Berg hat.
Für uns stellte sich dieser kleine Abstecher als doppelt nützlich
heraus, denn auf der Rückfahrt nach Meran war plötzlich die einzige
Verbindungsstraße gesperrt, weil ein Baum geborgen werden musste,
den irgend ein Tourist mit seinem Wagen glatt entwurzelt hatte. Also
drehten wir um und nahmen einen Schleichweg über die Dörfer und quer
durch endlose
Apfelfelder,
der zu unserer eigenen Überraschung sogar aufging.
Stilfser Joch
Am nächsten Tag wollten wir Italien vorübergehend den Rücken kehren
und über das
Stilfser Joch nach St. Moritz zu fahren, das
bekanntlich in der Schweiz liegt. Das Stilfser Joch ist mit seinen
42 Spitzkehren bis auf 2.757 m Höhe einer der höchsten Alpenpässe
überhaupt. Obwohl wir schon gegen 8 Uhr morgens
aufbrachen, war es sehr voll. Vor allem sind mir die Legionen von
Radfahrern in Erinnerung, die sich den Pass hinauf quälten. Oben
angekommen stellten wir fest, dass der Pass
wegen eines Radrennens gesperrt war
(Bild).
Vor 16 Uhr ging da kein Auto 'rüber, und das hätte für uns sechs
Stunden Wartezeit bedeutet. Unglaublich, dass ausgerechnet an dem
einen Tag, den wir im Leben auf dem Stilfser Joch sind, dort ein
Radrennen stattfindet.
Ofenpass
Statt unser Schicksal anzunehmen und zu warten, wälzten wir erst
einmal die Karte, und siehe da, das Stilfser Joch ist nicht der
einzige
Alpenpass
nach St. Moritz. Es gibt auch noch den
Ofenpass
(2.145 m), noch dazu ganz in der Nähe. Allerdings mussten wir die
ganze Passstrecke zurück, um ihn zu erreichen, und das hätten wir
zwei Minuten später nicht mehr geschafft, denn weil von unten immer
neue Fahrzeuge nachströmten und oben gesperrt war, entwickelte sich
bereits ein heilloses Chaos auf der Passspitze, aus dem wir - diese
Aussage wage ich - als letztes Fahrzeug noch herausgekommen sind,
bevor sich endgültig die Rauf- und Runterschlange frontal gegenüber
standen. Glück im Unglück.
Der Ofenpass ist übrigens auch sehr schön, wenn auch viel flacher,
und deutlich weniger stark befahren (Bild). Schön und erniedrigend zugleich
war, dass wir auf der Fahrt in eine imposante Kolonne aus vielleicht
30 Porschefahrern gerieten, die offensichtlich an diesem Sonntag zu
einer gemeinsamen Spritztour aufgebrochen waren. Über Kilometer
hinweg zog einer nach dem anderen an uns und unserem 320 d vorbei.
Die Glücklichen!
St. Moritz
Unser wunderschönes
Hotel lag nicht in
St. Moritz
selbst, sondern etwas außerhalb in
Bever, also aus unserer Sicht vor St. Moritz. Schön,
denn nach der langen Fahrt über zwei Alpenpässe konnten wir eine
kleine Pause gut gebrauchen, bevor es am Nachmittag noch nach St.
Moritz ging. St. Moritz kennt man ja aus einschlägigen Fachmagazinen
als Treffpunkt der Prominenz, und so hatten wir uns ein vornehmes
Örtchen vorgestellt, in dem man selbst mit Ferrari oder Bentley
nicht großartig auffallen würde. Erst ließ sich unser Besuch auch
gut an, denn der
St. Moritzersee
begrüßt den von Norden kommenden Besucher mit einem schönen Blick
auf die an seinem Ufer liegende Stadt.
Doch es stellte sich schnell heraus, dass in dem 5.000-Seelen-Örtchen
nicht viel zu sehen gab, wenn man einmal von einer Oldtimer-Ausstellung
absieht, die offensichtlich in den letzten Zügen lag. Schöne
Geschäfte oder interessante Bauten haben wir jedenfalls weder in St. Moritz Dorf
(1.822 m) noch in St. Moritz Bad (1.773 m), wie die beiden Ortsteile heißen, zu sehen bekommen.
Auch eine Fahrt mit der Seilbahn auf den Berg lohnte nicht wirklich,
denn der Blick über den St. Moritzerssee auf die Stadt hat uns
besser gefallen als der von oben. Unser Urteil lautet daher: St.
Moritz im Sommer kann man vergessen. Im Winter zum Skifahren mag es
anders sein, aber im Juli verpasst man nichts.
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