Dass wir Anfang März 2015 eine Kreuzfahrt in den Orient
unternahmen, hatte vor allem zwei Gründe: Vielversprechende Berichte
von Freunden und ein verlockendes Angebot in einem Reisebüro, auf
das wir zufällig aufmerksam wurden. Dort bot man uns eine Route
durch den Persischen Golf und den Golf von Oman an, wobei wir unter
verschiedenen Zielen und zwei Schiffen - "Aida" und "Mein Schiff 2"
wählen konnten. Wir entschieden uns für die zum TUI-Konzern gehörende
"Mein Schiff 2", weil sie uns etwas ruhiger zu sein schien als
ein Partyschiff wie die "Aida", und weil TUI mit einem "All Inclusive"-Paket lockte. Unsere Reise dauerte
acht Tage und führte uns in drei Städte in den Vereinigten
Arabischen Emiraten (Dubai, Abu Dhabi und Khor Fakkan) sowie nach
Muscat (oder auch Maskat geschrieben) im Oman. Eine Karte gibt es
hier.
Sicherlich ist die Arabische Halbinsel für viele Mitteleuropäer
immer noch ein exotisches Reiseziel, und sicherlich gibt es
gegenüber den örtlichen Sitten und Gebräuchen viele Vorurteile, z.B.
liest man von drakonischen Strafen selbst für Kleinigkeiten, und
auch das Frauenbild des Islam findet sicherlich nicht überall
Zustimmung. Wir beschlossen jedoch, die Sache offen
anzugehen und Land und Leute einfach auf uns wirken zu lassen. Eines
kann ich vorwegnehmen: der zu erwartende Kontrast zwischen Fortschritt
und Tradition hätte größer nicht sein können.
Flüge nach Dubai brauchen von
Düsseldorf aus ca. 6 Stunden (ca. 7 Stunden zurück), wobei
wir die Wahl zwischen Condor und Emirates hatten, letztere
gegen einen geringen Aufpreis. Den haben wir bezahlt, weil wir von
Emirates schon viel Gutes gehört hatten. Die Wahrheit aber ist, dass
man bei Emirates auch nicht anders fliegt als bei anderen
Fluggesellschaften, insbesondere das viel gerühmte Bordessen ist
auch nichts anderes als die übliche Pappe mit Sauce. Vielleicht hat
man minimal mehr Beinfreiheit, und vielleicht gibt es im
Entertainment-Programm ein paar Filme mehr, aber das ist es dann
auch. Das Entscheidende ist für uns immer die Pünktlichkeit, und da
schaffte es Emirates, auf beiden Strecken jeweils mit einer Stunde
Verspätung abzuheben, natürlich ohne jede Ansage oder gar Erklärung,
während Condor pünktlich war. Rückblickend würden wir wohl nicht
mehr mit Emirates fliegen, ganz sicher jedenfalls keinen Cent extra mehr
dafür bezahlen. Aber immerhin glänzte das Bordpersonal mit besonders
schicken Hüten:
Die Einreise in die
VAE ist relativ problemlos, man benötigt weder Visum noch Impfungen.
Allerdings muss der Reisepass noch 6 Monate gültig sein, was in
meinem Fall einen vorzeitigen Behördengang erforderte, und die
Formalitäten am Flughafen Dubai sind relativ streng und daher
langwierig, ähnlich wie in den USA werden Fotos gemacht. Übrigens: in
Israel sollte man besser noch nicht gewesen sein, denn wenn ein
entsprechender Stempel im Pass gefunden wird, kommt man nicht ins
Land (jedes deutsche Bürgeramt stellt in diesen Fällen
einen zweiten, neutralen Reisepass aus - eine wertvolle Information,
die noch wertvoller ist, wenn man sie nicht erst vor Ort erhält).
Der Transfer zum Schiff war von TUI perfekt
organisiert. Allerdings bildete sich vor dem Einschiffen eine
riesige Traube, weil alle Flüge aus Deutschland in den frühen
Morgenstunden in Dubai eintreffen, und man erst im Laufe des
Vormittags an Bord gehen darf (Kabinenzutritt gar erst ab 15.00
Uhr). Wir hatten das Glück relativ weit vorne zu stehen, und so
waren wir in einer Viertelstunde durch, andere haben aber sicherlich
eine Stunde und mehr angestanden.
Eine erste Enttäuschung: "Mein Schiff 2" ankerte in einem riesigen
Industriehafen, in dem fleißig geschweißt und gehämmert
wurde. Der Weg an Bord führte an lärmenden Dieselaggregaten vorbei -
kein schöner erster Eindruck! Was wir nicht ahnten: Dubai war noch
der beste Hafen (dazu später mehr), denn der Blick von Bord auf die
Skyline war gar nicht so schlecht. Die Kieshaufen im
Vordergrund und die Geräuschkulisse muss man sich einfach wegdenken.
Über "Mein Schiff 2" können wir nur das Beste sagen.
Alles ist sehr sauber, und unsere Außenkabine mit Balkon (Nr. 8063)
war recht stilvoll eingerichtet, sogar relativ geräumig. Ein Tipp:
man sollte eine Kabine an der Backbordseite nehmen, das entpuppte
sich in den Häfen stets als die bessere Seite. Das Personal war
professionell freundlich, das Essen gut bis sehr gut. Feste
Essenszeiten gab es nicht, man konnte nach Gusto kommen und gehen,
was völlig problemlos ablief. Im Gegensatz zu anderen Schiffen
musste man auch nicht mit anderen Gästen an einem Tisch sitzen,
schon gar nicht immer mit denselben Tischgenossen. Uns wird hiernach
sicher niemand mehr erzählen können, feste Zeiten und Plätze seien
in einem Bordrestaurant organisatorisch unabdinglich! Der Umgang war
leger, Hemd und lange Hose zum Essen genügten.
Das Schiff war fest in
deutscher Hand, ich schätze zu 95%, wobei hiervon wiederum
mindestens 80% Rentner waren. Das entschleunigt, wen man es einmal
positiv ausdrücken will. Für
David Foster Wallace war diese Gesellschaft - ich zitiere -
gar "ein fortwährender Grund zum Selbstmord". Ganz so weit würde ich
nicht gehen, aber eine gehörige Portion Rücksicht war in der Tat
nicht selten vonnöten (z.B. gegenüber einer Dame, die sich in der
Schlange vor dem Kaffeeautomaten mit der Begründung vordrängelte,
sie "wolle doch nur einen Kaffee";
auch beim Erscheinungsbild mancher Badegäste, deren Figur einer
Birne oder einem Medizinball glich, die bekleidungstechnisch aber
dennoch keine
Kompromisse kannten, musste man einiges ertragen).
[Anm.: Wie ich seiner
Wikipedia-Seite entnehme, hat David Foster Wallace
tatsächlich Selbstmord begangen, allerdings erst 13 Jahre nach
seiner Kreuzfahrt, sodass ich bezweifle, dass diese ihm
tatsächlich den Rest gegeben hat.]
Verglichen mit unseren bisherigen Schiffserfahrungen liegt "Mein
Schiff 2" in etwa auf Augenhöhe mit der "Norwegian
Sky" und vielleicht einen Tick vor der "Freedom
of the Seas", jedenfalls aber um Längen vor der "Costa
Fortuna". Man muss geradezu sagen, dass Verpflegung und
Unterkunft auf der Costa Fortuna vergleichsweise eine echte
Frechheit waren! Das allerbeste an "Mein Schiff 2" ist u.E. das
All-Inclusive-Paket, denn bei anderen Kreuzfahrern zahlt man für
Pflicht-Trinkgelder und Getränke leicht nochmals einige hundert Euro
zusätzlich. Nicht so bei "Mein Schiff 2", wo Trinkgelder und
Getränke im Preis enthalten sind, einschließlich aller gängigen
Cocktails übrigens, bei denen auch nicht am Alkohol gespart wurde!
Lediglich die Landausflüge müssen separat gebucht und bezahlt
werden, aber das ist ja überall so, und - wie zu zeigen sein wird -
völlig unnötig, da man individuell viel besser und günstiger
unterwegs ist.
Wenn man am Schiff überhaupt
etwas kritisieren will, dann dass während der laufenden Reise mit
größter Selbstverständlichkeit lärmende Reparaturarbeiten an den
Rettungsbooten vorgenommen wurden. Das war gerade für Reisende mit
Kabinen in deren Nähe nicht erfreulich, und in einem Fall führten
die Arbeiten auch zu einem verzögerten Ablegen des Schiffes.
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