Seit einigen Jahren hatten wir immer wieder, wenn das Thema Urlaub anstand, eine Reise nach Russland erwogen, wobei uns besonders Moskau und St. Petersburg interessieren. Angedacht war vor allem eine Flusskreuzfahrt auf der Wolga, denn eine solche schließt diese beiden Städte normalerweise als Ausgangs- bzw. Endpunkte ein. Bei genauerer Betrachtung der Angebote erschienen uns die Flusskreuzfahrtschiffe jedoch zu unkomfortabel (gebucht werden können vornehmlich russische Schiffe aus den 1980er Jahren, und die Erfahrungsberichte im Internet lasen sich nicht wirklich gut). Herausgekommen ist am Ende eine einwöchige Ostsee-Kreuzfahrt, die neben anderen attraktiven Zielen wie Stockholm und Helsinki zumindest St. Petersburg einschloss. Moskau würde also noch warten müssen.

Eine Ostseekreuzfahrt wird von praktisch allen großen Veranstaltern angeboten. Wir entschieden uns nach einem ausgiebigen Vergleich von Preisen und Leistungen schließlich für die Costa Fortuna, übrigens lange bevor Kapitän Schettino die Costa Concordia vor der Insel Giglio auf die Seite gelegt hatte. Dass wir als Costa-Reisende im Freundes- und Bekanntenkreis angesichts dieses Vorfalls so manchen Spruch ertragen mussten, sei am Rande erwähnt. Auf unsere Reise hat sich dies aber nicht ausgewirkt, jedenfalls war das Schiff nahezu ausgebucht. Die genaue Reiseroute: Warnemünde - Kopenhagen - Seetag - Stockholm - Helsinki - St. Petersburg - Seetag - Warnemünde.


Die Costa Fortuna stach am 9.6.2012 - einem Samstag - ab Warnemünde in See. Da Donnerstag, der 7.6.2012 ein Feiertag war, beschlossen wir, die Reise um ein paar Tage zu verlängern und bereits an Fronleichnam nach Travemünde anzureisen, "unser" Ostseebad, das wir im Laufe der Jahre sicherlich schon zwei Dutzend Mal besucht haben. Unsere übliche Travemünde-Routine, an die wir uns selbstverständlich auch diesmal gehalten haben, sieht ein frühes Aufstehen um 5:30 Uhr in Münster vor, um drei Stunden und 360 km später rechtzeitig zum Frühstück (natürlich Krabben-Schwarzbrot mit Spiegelei) im Café Lichtblick sein zu können. Danach unternahmen wir ausgiebige Spaziergänge die Strand- und Hafenpromenade entlang, um uns den Apfelkuchen mit Sahne zu verdienen, den wir nachmittags genüsslich vertilgten. Natürlich unterzogen wir auch die Angebote in einigen Geschäften der "Vorderreihe" einer ausgiebigen Prüfung.
 


Abends beschränkten wir uns - noch völlig abgefüllt - auf einen "Stadtkrosser" aus der Bäckerei Junge, bestrichen mit Lachs-Frischkäse-Paste aus der Fischhandlung Wöbke. Ein Gaumenschmaus ohne Gleichen! Kurz: bei guter Luft und gutem Essen verbrachten wir einen herrlichen Tag in Travemünde, zumal auch das Wetter mitspielte. Travemünde war - wie immer - eine Reise wert, auch wenn es diesmal nur eineinhalb Tage waren.




Am nächsten Morgen nahmen wir nach dem Frühstück die Fähre über die Trave nach Priwall und setzten unsere Reise Richtung Warnemünde fort. Dabei legten wir die ca. 120 km bewusst nicht auf der Autobahn zurück, sondern fuhren bei genialem Wetter mit offenem Verdeck "über die Dörfer". Die Strecke entlang der Ostseeküste entpuppte sich als landschaftlich wunderschön.



Natürlich war es auch sehr interessant, die kleinen Ortschaften entlang des Weges kennen zu lernen. Ähnlich wie auf unserer Berlinfahrt vor einigen Jahren machten wir wieder die Erfahrung, dass sich seit DDR-Zeiten vieles gebessert hat, manches aber auch nicht. In nicht wenigen Dörfern stehen ansprechend renovierte Häuser unmittelbar neben den schlimmsten Bausünden aus Honeckers Zeiten. Auch Neubaugebiete locken hier mit Ostseenähe und günstigen Grundstückspreisen, gleichzeitig sahen wir aber auch verlassene Bruchbuden am Wegesrand. 
 

Auf das Feinste herausgeputzt haben sich vor allem die Badeorte, allen voran Kühlungsborn mit seiner kilometerlangen Strandpromenade, die von lauschigen Cafes gesäumt wird. Dort herrscht eine angenehm ruhige, fast schon mondäne Atmosphäre, die wir sehr genossen. 90% der Gäste in Kühlungsborn waren nach unserem Eindruck Senioren, die bei Kaffee, Kuchen und Weizenbier ihr Rentnerdasein genossen - ein erster Vorgeschmack auf die Klientel an Bord der Costa Fortuna, soviel sei an dieser Stelle bereits verraten.
 



In Warnemünde lädt die schöne Hafenpromenade ebenfalls zu einem ausgiebigen Spaziergang ein. Dort herrschte reger Betrieb. Vor allem Senioren und Familien mit kleinen, noch nicht schulpflichtigen Kindern prägten in dieser Vorferienzeit das Bild.
 

 


Von unserem Hotelzimmer aus hatten wir einen schönen Blick auf den markanten Leuchtturm, der den Mittelpunkt des Ortes bildet. Westlich von ihm befindet sich der Strand, südöstlich der Hafen.
 

 
Am Samstagmorgen standen wir früh auf, um den Einlauf der Costa Fortuna in den Hafen von Warnemünde beobachten zu können. Erneut fiel uns auf, wie klein die - für sich genommen riesigen - Frachtschiffe neben einem solchen Kreuzfahrer für über 3.400 Passagiere wirken. Unfassbar, dass dieser Koloss von 272m Länge und 103.000 BRT tatsächlich schwimmt.


 
Lustig ist das Einschiffen in Warnemünde, wenn man mit dem Auto angereist ist, denn am Kreuzfahrtterminal gibt es dort nicht einen einzigen Parkplatz. Man muss sich vielmehr irgendwo was suchen und sich dann mit Bus oder Bahn zum Hafen durchschlagen. Wir fanden schließlich eine Parkgelegenheit, die sich sogar als vergleichsweise günstig entpuppte (20 Euro für eine Woche), wo die Parkautomaten allerdings nur Münzen akzeptierten! Wer hat schon 20 Euro Kleingeld in der Tasche? Also mussten wir - ebenso wie zahllose andere Kreuzfahrer vor und nach uns - erst im Supermarkt wechseln gehen. Alles in allem hat das ganze Prozedere sicherlich eine Stunde gedauert, den Anmarsch vom Parkplatz zum Hafen nicht mitgerechnet (Beschilderung Fehlanzeige!). Man fragt sich, wer so etwas plant!