Am Morgen des dritten Tages ging unser erster Blick natürlich nach
oben - und wieder: dichte Wolken und Regen! Also fiel auch der
zweite Teil der Fahrt entlang der Nordküste ins Wasser.
Prominentestes Opfer dieses Vormittages war Cefalù, das unter
anderen Umständen sicherlich einen Besuch gelohnt hätte, aber wer
will im Regen einen Strandspaziergang machen? Deshalb blieb uns nur
ein flüchtiger Blick aus der Ferne, |
Übrigens gibt es exakt dieses Bild auch auf der
Wikipedia-Seite von Cefalù, nur bei schönem Wetter. Vielleicht
hätte ich dort nicht nachsehen sollen, jetzt ärgere ich mich noch
mehr.
Palermo ist die Hauptstadt der autonomen Region Siziliens und
mit ca. 650.000 Einwohnern gleichzeitig die bei weitem größte Stadt
der Insel. Berühmt ist sie vor allem als Geburtsstätte der Mafia.
Noch Mitte der 1990er Jahre geschah dort alle drei Tage ein
Mafiamord, jener an Staatsanwalt Giovanni Falcone ist
vielleicht der Bekannteste (die Mafiakiller hatten 500kg TNT in eine
Drainage unter der Autobahn gelegt und ferngezündet, als Falcones
Wagen vorbeifuhr; weil seine Route nur einem engen Kreis bekannt
war, also offensichtlich verraten wurde, geriet die gesamte
politische Klasse Italiens in Verruf und das Land in eine
existenzielle Krise). Heute ist Palermos Flughafen nach Falcone
benannt. |
Lobend erwähnen möchte ich in diesem Zusammenhang Palermos
Bürgermeister Leoluca Orlando, der nicht nur das Mafiaproblem
einigermaßen in den Griff bekommen hat, sondern auch viele
historische Bauten renovieren ließ, darunter das oben zu sehende
Teatro Massimo, welches genau gegenüber von
unserem
Hotel lag. Ob er auch für den guten Zustand der Kathedrale
verantwortlich ist, weiß ich nicht, aber diese kann sich in jedem
Fall sehen lassen: |
Was man auch sieht: Das Wetter wurde
besser! In Palermo hatten wir sogar einen halben Tag Sonnenschein.
So konnten wir die Stadt im Rahmen eines ausführlichen Spaziergangs
entlang der Via Vittorio Emanuele bestens in Augenschein
nehmen. Ich schreibe hier bewusst "ausführlich", denn die
Sehenswürdigkeiten liegen nicht eben nahe beieinander, und natürlich
verfügt Palermo weder über eine U-Bahn, noch würde ich irgend
jemandem empfehlen, sich mit einem Auto weiter als unbedingt nötig
im Straßenverkehr zu bewegen. "Wie
Indien, nur ohne Elefanten" haben wir gesagt. Wobei die
allgegenwärtigen Motorroller noch schlimmer - da lauter,
schneller und vor allem unverschämter - waren jeder Elefant.
Allerdings muss man einschränkend sagen, dass es in puncto
Renovierung noch immer viel zu tun gibt. Jenen morbiden Charme, den
Thomas Mann in Venedig empfunden haben mag, spürten wir in
Palermo. Nicht selten sah man wunderschöne alte Gebäude und dachte,
dass eine Restaurierung der Fassade wahre Wunder wirken könnte. |
Leider ließ auch das
Shopping- und Gastronomieangebot zu wünschen übrig. Die
vorerwähnte Via Vittorio Emanuele, im Reiseführer als Prunkstraße
angepriesen, wartete nur mit einigen wenigen Geschäften auf, die
zudem am Nachmittag meist geschlossen waren (auf Sizilien ist es
absolut üblich, den Laden von 13 bis 17 Uhr dicht zu machen).
Restaurants gab es gar keine, nur in einer Seitenstraße zwei
Pizzerien, die entsprechend überlaufen waren. Die erste hatte wohl
eine Karte, die man uns aber nicht zeigen wollte. Stattdessen wies
man uns darauf hin, man führe heute nur ein einziges Gericht. Also
wurde es die andere Pizzeria, wo wir immerhin Spaghetti mit
Tomatensauce bekamen. So ungefähr war das kulinarische
Gesamterlebnis auf Sizilien. Ich frage mich ernsthaft, ob wir zu
blöd waren, einfach nur Pech hatten oder ob es tatsächlich so ist,
dass man außerhalb von Taormina und Siracusa nichts Vernünftiges auf
die Gabel bekommt... |
Am nächsten Morgen verließen wir Palermo bei bestem Wetter (Hurra
!!) in Richtung Trapani. Dabei wagten wir einen Abstecher
nach Segesta, das der Reiseführer als "antike Stadt"
beschrieb. Tatsächlich verfügt Segesta über zwei griechisch-antike
Bauten, wie ich sie in meinem Leben noch nicht gesehen habe. Ich
kenne den Parthenon auf der Athener Akropolis zwar nur von Bildern,
aber der Hera-Tempel in Segesta hat mich schon sehr an ihn
erinnert. Mit ca. 2.400 Jahren ist er auch fast genauso alt. |
Gut, der Experte
würde natürlich sofort bemerken, dass der Tempel in Segesta im
Gegensatz zum Parthenon nie fertig gestellt wurde, was man z.B. an
den Säulen sehen kann, die noch eine Schutzschicht vom Transport
tragen, die erst am Ende abgeschlagen worden wäre. Aber das war auch
sein Glück, denn da der unfertige Tempel nie geweiht wurde, musste
er später auch nie entweiht (man lese: von Andersgläubigen zerstört)
werden.
Noch großartiger als der Tempel ist vielleicht das Theater.
Nicht nur ist es hervorragend erhalten, sondern es liegt - wie ganz
Segesta - auf dem 410m hohen Monte Barbaro. Hinter dem
Theater fällt der Fels steil ab, und wenn man über die Bühne
hinausblickt, hat man eine wunderschöne Weitsicht auf die halbe
Provinz Trapani. |
Noch ein Tipp: Zu
Segesta sollte man den Reiseführer ganz genau lesen. Segesta "war"
eine antike Stadt, steht dort, nicht "ist". Ich hatte mir ein
Städtchen (oder wenigstens ein Dörfchen) vorgestellt, wo man
vielleicht auch bewirtet wird oder herumschlendern kann. Dem ist
aber nicht so, denn von der antiken Stadt steht außer dem Tempel und
dem Theater nichts mehr. Gar nichts. Man wird mit einem Bus den Berg
hinaufgebracht (wenn man ihn denn erwischt, den Bus, denn dieser
fährt nur halbstündig), und oben ist man dann allein mit sich und
den Resten der Antike. Wer kein Wasser dabei hat, hat Pech gehabt.
Übernachtet haben wir in Trapani, dem Hauptort der
gleichnamigen Provinz.
Unser Hotel
dort war wunderschön (wenn auch ohne Google Maps nie und nimmer
zu finden). Herrlich am Meer gelegen, bot es allen erdenklichen
Komfort, verfügte über eine sehr nette Dachterrasse und war, obschon
zentral, ausgesprochen ruhig. Ich kann überhaupt sagen, dass unsere
Hotels - eigentlich ohne Ausnahme - die Highlights der Reise waren.
Stets wurden wir freundlich empfangen, und stets erwartete uns das
gewisse mediterrane Flair, das man in einem solchen Urlaub sucht.
Alle in diesem Reisebericht verlinkten Hotels können wir
uneingeschränkt empfehlen. |
In Trapani begaben wir uns zunächst wieder auf die Suche nach etwas
Essbarem. Wir fanden zu unserer Freude und Überraschung auch recht
bald eine Pizzeria, allerdings teilte man uns - nachdem wir Platz
genommen und Getränke bestellt hatten - erst einmal mit, dass es die
Vorspeisen (die uns auf der Karte hauptsächlich angesprochen hatten)
nicht gäbe. Auch die meisten Hauptgerichte nicht. Man könne uns
höchstens Spaghetti und Lasagne machen. Mangels Alternativen ließen
wir uns darauf ein, was ein Fehler war, denn man setzte uns allen
Ernstes Dosenspaghetti und Lasagne aus der Mikrowelle vor. In
Italien! Auf Sizilien! Für teures Geld! Da musste ich wirklich meine ganze
Selbstbeherrschung aufbringen, um nicht auszurasten.
Den Abend gerettet hat dann die Seilbahnfahrt hinauf nach Erice.
Nicht ganz billig und nicht ganz kurz, aber die Belohnung wartet
oben: Ein lauschiger Ort (beinahe wieder menschenleer, wie so viele
Orte auf Sizilien Mitte Mai) mit schönen Ausblicken, speziell am
Castello, das natürlich von der Seilbahnstation aus genau am
anderen Ende des Ortes liegt (so ist das Leben!), aber dennoch
wirklich zu genießen ist. Für Fotografen wäre der frühe Morgen
vielleicht noch besser gewesen, da der Erice vor Ankunft der
Touristenmassen ähnlich beschaulich sein dürfte wie danach, aber die
Sonne günstiger für Bilder in die Ferne steht. |
Im Hintergrund des
nachstehenden Fotos sieht man - neben Trapani, dem Tyrrhenischen
Meer und einigen Trapani vorgelagerten Inseln - übrigens große
Felder, die der Salzgewinnung dienen. Solche Anlagen sind auf
Sizilien immer wieder anzutreffen, Salz ist eine Spezialität der
Region. |
Nicht bereut habe ich es, am Fuße der Seilbahnstation ein Schutzgeld
für unser Auto bezahlt zu haben. Eigentlich gab es eine Parkuhr,
aber ein älterer Herr mit dickem Bauch - offenbar der örtlich
zuständige Mafiosi, wie unschwer an der Kleidung und dem im
Hintergrund wartenden Schlägertrupp zu erkennen - sprach uns an und
meinte, wir sollten lieber ihm etwas geben, er würde dann auf unser
Auto aufpassen. Das überzeugte mich, und ich habe ihm sogar noch
etwas mehr gegeben als die geforderten 5 Euro. Mit Erfolg, denn bei
unserer Rückkehr stand das Auto noch unversehrt an einem Platz. Sein
Beschützer allerdings hatte schon Feierabend gemacht.
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