Was ist das Coolste an La Paz? Ganz klar: Der Blick auf
die Stadt. Ähnlich wie Cusco ist La Paz vollkommen in die
Berge eingebettet, nur wirkt das Panorama noch
überwältigender, weil La Paz mehr als doppelt so groß ist
(über eine Million Einwohner). Die
Bilder können nicht einmal annähernd wiedergeben, was dem Auge
geboten wird. Immerhin erkennt man recht gut, dass die
Innenstadt mit den Geschäftsgebäuden im Tal liegt, während im
Hintergrund die Wohnhäuser die Hänge hinauf wachsen. In La Paz
gilt: Je tiefer, je teurer! Zwar liegt die Stadt an ihrem
tiefsten Punkt "nur" 3.000m hoch, auf den Bergen kann es aber
bis zu 4.000m hinauf gehen. Stadtinterne
Temperaturunterschiede von 10 Grad und mehr sind keine
Seltenheit, von der dünnen Luft gar nicht zu reden.
Auf dem Bild oben erkennt man ganz
links oben in der Ecke im Hintergrund den Illimani, den
mit 6.439m zweithöchsten Berg Boliviens. Bis auf seine
schneebedeckten Gipfel hat es die Bebauung zwar noch nicht
geschafft, aber die Landflucht hat bereits dazu geführt, dass
aus dem ehemaligen Arbeiterviertel El Alto in
den Bergen um La Paz bereits eine eigene Stadt
entstanden ist, die La Paz an Größe knapp
übertrifft.
Wir hatten - wie bereits erwähnt -
das zweifelhafte Vergnügen, bei Dunkelheit nach La Paz
hereinzufahren. So müde wir am Ende jenes langen Tages auch
waren, ein Gutes hatte es: Wir konnten die Stadt bei Nacht
sehen. Ein unglaubliches, nicht zu beschreibendes Lichtermeer,
das nahtlos in den Sternenhimmel überging. La Paz bei Nacht
ist wirklich eine Attraktion (leider aus dem fahrenden Bus
heraus und ohne Stativ unmöglich zu fotografieren).
Mini-Tiwanaku reicht!
Für den ersten Morgen sah der
Tourplan eine Exkursion zu den Ruinen von Tiwanaku vor.
Diesen Programmpunkt haben wir uns allerdings geschenkt,
obwohl der Reiseleiter meinte, das müsse man gesehen
haben. In Tiwanaku gibt es Inkaruinen zu bestaunen, die in
Bolivien ohne Gleichen sind. Nur waren wir so erschöpft vom
Tag zuvor, dass wir es einfach nicht geschafft haben.
Außerdem: Wer Machu Picchu gesehen hat, braucht keine anderen
Inkaruinen mehr zu sehen, ganz abgesehen davon, dass wir auch
in Cusco, Lima, Ollantaytambo und noch dreißig anderen Orten
jede Menge Inkaruinen gesehen hatten. Und dann stellte sich
auch noch heraus, dass es mitten in La Paz eine
originalgetreue Nachbildung der Ruinen von Tiwanaku gibt,
anhand derer man alles Wissenswerte erklären kann. Zugegeben:
Ungewöhnlich und daher sehr sehenswert sind die Skulpturen.
Ansonsten wurde uns von Mitreisenden, die den Trip gemacht
hatten, von "drei Stunden in den Trümmern stehen" berichtet,
wofür man zwei Stunden gefahren sei (ein Weg). Also: Unseres
Erachtens muss Tiwanaku nicht sein, egal was im
Reiseführer steht.
Stadtrundgang
Grundsätzlich gilt: La Paz ist nicht gerade eine Stadt für
Touristen. Wenn man aber einen Tag hat, wird einem auch nicht
langweilig. Zum Beispiel kann man zum Hauptplatz fahren, der
hier einmal nicht Plaza de Armas, sondern Plaza Murillo
heißt. Dort liegen Parlaments- und Regierungsgebäude sowie die
unvermeidliche Kathedrale (hier nicht im Bild).
Am Plaza
Murillo geht es schon lebhaft zu, aber das ist kein Vergleich
zum sog. "Hexenmarkt", dem größten Basar der Stadt.
Sein Name leitet sich daraus ab, dass hier früher heidnische
Bildchen, Statuen und Opfergaben verkauft wurden, darunter so
schöne Sachen wie Skelette von Lamaembryonen, die auch heute
noch zu Dutzenden angeboten werden (ugh!). Ein Besuch lohnt
sich trotz des manchmal etwas zweifelhaften Angebots, auch
wenn man nichts kaufen will. Allerdings sollte man gut auf
seine Habseligkeiten aufpassen.
Eine ungewöhnliche Attraktion findet sich schließlich am
Stadtrand, das Mondtal. Vulkanasche und Sandstein
wurden hier durch Bodenerosion zu ungewöhnlichen Formationen
verformt, die ein wenig an eine Mondlandschaft erinnern.
Man kann darin herumlaufen und Fotos schießen, eine
Gelegenheit sich zu erfrischen sucht man allerdings
vergeblich.
Völlig problemlos verlief der Flug von La Paz nach Buenos
Aires, wenn man einmal davon absieht, dass er über Lima
führte, wir also zunächst in die völlig falsche Richtung
flogen. So dauerte die Anreise fast einen ganzen Tag. Am Abend
erlebten wir in Buenos Aires aber noch ein besonderes
Highlight, nämlich den Besuch eines Fußballspiels im Stadion "La
Bombonera" (= "die Pralinenschachtel") der Boca Juniors Buenos Aires. Über
dieses Ereignis habe ich einen
eigenen Bericht geschrieben, auf den ich an dieser Stelle
verweisen möchte, jedoch nicht ohne nochmals zu betonen, wie
unvergleichlich die Stimmung beim Fußball in Südamerika ist.
Zudem möchte ich Adrian auf diesem Weg noch einmal ganz
herzlich für die Organisation von Karten und Transport danken.
Super, vielen vielen Dank!
La Boca
Im Stadtteil La Boca ist der Fußball allgegenwärtig, natürlich vor allem in Person von Diego Maradona, der
hier wie ein Gott verehrt wird, weil er aus La Boca stammt und
zu Beginn seiner Karriere für die Boca Juniors gespielt hat. Im Boca-Museum haben sie ihm
natürlich ein Denkmal gesetzt. Aber nicht nur da:
Das Stadion von
River Plate, dem großen Rivalen Bocas, haben wir nicht
gesehen, aber es ist eigentlich kaum vorstellbar, dass die
Leute dort noch fußballverrückter sind als in La Boca. Man
kann sich im ganzen Viertel nicht einmal um die eigene Achse
drehen, ohne irgend einen Bezug zum Fußball zu sehen. Aber das
macht eben den Charme dieses Viertels aus. Der Name "La Boca"
(wörtlich: der Mund) leitet sich übrigens von der Flussmündung
am alten Hafen ab.
Aber auch wenn
man sich nicht für Fußball interessiert, sollte man La Boca
einen Besuch abstatten (und zwar tagsüber und in Begleitung,
denn wenn alte Hafenviertel schon bei uns nicht die besten
Gegenden sind, so gilt dies in potenziertem Maße für
Südamerika). La Boca hat nämlich zwei Herzen, den Fußball und die Künstlerstraße "Caminito".
Schon Mitte der 50er Jahre war La Boca reichlich
heruntergekommen. Dann griff der Künstler Benito Quinquela
Martín eines Tages zu Eimer und Farbe und pinselte die
Fassaden seiner Straße bunt an - und der Startschuss für die
Wiederbelebung der Gegend war gefallen. Heute tummeln sich dort Künstler
aller Art, die ihre Arbeiten ausstellen. Zahlreiche Cafes
bieten neben Speisen und Getränken auch Tangoshows an.
Wer möchte, kann selbst das Tanzbein schwingen, ein Foto mit
einer scharfen Tangotänzerin (bzw. einem scharfen Tangotänzer)
machen oder einfach nur zusehen, wie die Profis tanzen.
Entlang der Caminito herrscht eine wunderbare Atmosphäre, die
wir sehr genossen haben.
Essen und Trinken
Richtig schön war eine Weinprobe, die wir gegen Mittag
einnahmen. So früh trinken wir ansonsten keinen Alkohol,
aber der Wein schmeckte gut und vor allem gab es kleine
Häppchen dazu, die eigentlich nur verdeutlichen sollten,
welcher Wein zu welcher Speise passt, sich aber selbst als
echte Köstlichkeiten entpuppten. Weniger willkommen waren wir
gegen Nachmittag im
Café Tortoni,
dem Café in Buenos Aires. Obwohl wir
reserviert hatten, wies uns ein grimmiger Türsteher eiskalt ab (ich
wiederhole: ein Café mit Türsteher! Gibt es
wahrscheinlich auch nicht oft). Am Ende wollte man auf Gäste
von Meiers Weltreisen an diesem Tag und für alle Zukunft aber
doch nicht verzichten, und so hatte man nach einem kleinen
Telefonat schließlich doch noch die Freundlichkeit, uns
einzulassen. Unter dem Strich lohnte das ganze Theater nicht,
das Café Tortoni ist zwar schön, aber bestimmt nicht soooo
schön, dass man nicht auch anderswo einen Kaffee trinken könnte,
ohne etwas zu verpassen.
Natürlich ist Argentinien nicht nur für seinen Rotwein,
sondern auch für seine Steaks bekannt. Wir haben sie probiert
und für gut befunden, bleiben aber auch nach diesem Test bei
unserer Meinung, dass das beste Steakhaus der Welt in
Gronau-Epe steht. Immerhin, eine Tangoshow gibt
es in Epe nicht, und was uns nach dem Essen im
Almacen
geboten wurde, war durchaus ansehnlich. Wie wichtig der Tango
in Argentinien ist, mag die Tatsache verdeutlichen, dass man
den berühmtesten Tangosänger des Landes, Carlos Gardel,
mit Evita und Diego auf eine Stufe stellt:
Der "offizielle Teil"
Buenos Aires hat - wie jede Stadt - ein
"Pflichtprogramm", das keine Stadtführung auslässt. Ein Weg
führt zum Beispiel zum Recoleta-Friedhof, wo die zuvor erwähnte Eva "Evita"
Duarte Peron begraben liegt. Normalerweise würde man nicht
unbedingt einen Friedhof besichtigen, dieser ist aber etwas
Besonderes, weil er ausschließlich aus Mausoleen und
Familiengräbern besteht, die jedes für sich eine
Sehenswürdigkeit darstellen. In einem der schlichteren Gräber
liegt Argentiniens Nationalheldin, deren bewegtes und
bewegendes Leben in einem Evita-Museum hervorragend
aufbereitet ist. Wenn man sich auch nur ein bisschen für die
Geschichte Argentiniens interessiert, kommt man um einen Besuch
dieses Museums nicht herum. Natürlich hat man ihr auch ein
Denkmal gesetzt. Warum sie darauf so komisch nach vorne läuft, weiß
kein Mensch. Der Künstler übrigens auch nicht. Man hat ihn
mehrfach gefragt, aber keine vernünftige Antwort erhalten.
Natürlich gibt
es in Buenos Aires auch einen zentralen Platz mit
Regierungsgebäuden drum herum, und natürlich waren wir auch
dort. Neben der weißen Säule in der Mitte, die an den Beginn
der argentinischen Unabhängigkeitsbewegung erinnert (25. Mai
1810), sind vielleicht die stilisierten weißen Kopftücher
erwähnenswert, die rund um das Denkmal auf das Pflaster gemalt
wurden. Sie erinnern daran, dass die argentinische Geschichte
nicht nur Erfreuliches zu bieten hat, denn während der
Militärdiktatur in den 70er und 80er Jahren verschwanden
tausende von Menschen spurlos. Deren Mütter kämpfen bis heute
um die Aufklärung dieser politisch motivierten Verbrechen.
Viele von ihnen kommen immer wieder an diesem Platz zusammen, und da
viele von ihnen weiße Kopftücher tragen, sind diese ein Symbol
für Freiheit und Demokratie, aber auch für die Erinnerung an
dunkle Zeiten geworden.
|