An den nächsten
zwei Tagen stand die längste Fahrt des ganzen Urlaubs an, von
Rapid City gen Süden bis Walsenburg, dann westwärts bis
Alamosa. Unterwegs übernachteten
wir in Ft.
Collins, noch nördlich
von Denver gelegen. Wie
bereits zuvor angedeutet, kann man die
Weiten des Landes einfach nicht beschreiben, man muss sie
gesehen oder besser gesagt erlebt haben.
Entlang des
Weges, schon relativ nahe am Ziel in Alamosa, liegt der
Great Sand Dunes National Park. Wenn man einmal auf
Gran Canaria gewesen ist weiß man, wie imposant Sanddünen sein
können. Wir hatten daher damit gerechnet, sie schon von weitem
sehen zu können. Aber weit gefehlt - von Sanddünen keine Spur,
selbst als wir laut Karte eigentlich schon mitten im Sand
hätten stecken müssen. Erst auf den letzten zwei der insgesamt
vierzehn Meilen langen Zubringerstraße konnte man in der Ferne
so etwas wie Sanddünen ausmachen. Der Sand wurde vor einigen
tausend Jahren von den Ufern des Rio Grande hierher geweht und
blieb am Fuße der Berge liegen.
Bei dieser
Gelegenheit sei einmal Kritik an den Reiseführern
geübt. Der "Baedeker USA Südwesten" geht gar nicht, schon
wegen der Karten nicht, die so klein gedruckt sind, dass sie
kein Mensch lesen kann. Etwas besser ist "Der ganze Westen"
von Reise Know-how, aber auch dieser ist unglaublich schlecht.
Zu den Great Sand Dunes steht dort (neben dem verfehlten
Hinweis, dass sie weithin sichtbar sein sollen) genau ein
Satz: "Ein Visitorcenter informiert über das Wie und Warum".
Dann kann man auch gleich schreiben: "Wir haben keine Ahnung,
wie und warum die Dünen entstanden sind, denn wir waren
erstens nicht da und zweitens zu faul es irgendwo
abzuschreiben." Im Übrigen handelt es sich seit 2004 um einen
Nationalpark, und nicht um ein National Monument, wie man bei
Reise Know-how noch immer meint.
Ich würde die
Dünen als B-Attraktion bezeichnen. Die 28 Meilen für den
Roundtrip kann man sich auch schenken, wenn man etwas Besseres
zu tun hat. Nur gibt es in der Gegend eben wenig Besseres.
Vielleicht sollte man einmal an das leibliche Wohl denken. An
den Sand Dunes gibt es zwar noch nicht einmal ein Cafe, obwohl
das Visitor Center über eine herrliche Sonnenterrasse mit
Blick auf die Dünen verfügt (was würde man dort für eine Tasse
Kaffee und ein Stück Frankfurter Kranz geben...), aber in Alamosa kann man bestens
mexikanisch Essen gehen. Kein Zufall, denn in dem Ort
leben besonders viele Hispanos.
Für den nächsten Tag stand zunächst die Fahrt von Alamosa nach
Cortez an. Wir hatten uns schon wieder auf 200 Meilen
Grasland eingestellt, wurden jedoch auf das Angenehmste
überrascht, denn der Highway 160 führt hier durch den San
Juan National Forest, eine Panoramastrecke erster Güte.
Bei Cortez liegt der Mesa Verde Nationalpark. Dort sind alte Indianersiedlungen zu bestaunen. Die Anasazi
haben sie vor ca. 800 Jahren aus dem steilen Fels
herausgehauen, mit einfachsten Werkzeugen. Im Park gibt es
mehrere Rundkurse, von denen der südöstliche Loop an
Balcony House und Cliff Palace vorbei der bei
weitem Interessanteste ist. Der Cliff Palace ist die größte
und daher eindrucksvollste Siedlung im ganzen Park. Auf dem
Foto rechts daneben sieht man die Schlucht, in der er liegt.
Der Mesa Verde NP hatte in den
vergangenen Jahren übrigens
sehr unter Waldbränden zu leiden. Ganze Landstriche
sind ruiniert, und obwohl die Brände schon eine ganze Zeit
zurückliegen, riecht es
immer noch nach verkohltem Holz.
Vom Mesa Verde NP gibt es zwei Wege zum Monument Valley,
unserer nächsten Station: Die kürzere Route führt über die 666
South und 160 West, die
längere über die 666 South, 162 West und 163 South. Wir
entschieden uns für den kleinen Umweg, weil an diesem eine Attraktion allererster Güte liegt: Die
Four Corners. Nur hier hat man die Möglichkeit,
gleichzeitig vier Bundesstaaten der USA zu berühren.
Utah,
Colorado, New Mexico und
Arizona treffen sich an diesem Fleck. Kenntlich gemacht ist
die genaue Stelle durch
eine Platte im Boden (Bild links), die man gegen 3$ Gebühr -
erhoben vom örtlichen Indianerstamm - betreten kann. So kann ich
nun behaupten, meinen Fuß auf vier US-Bundesstaaten
gleichzeitig gesetzt zu haben. Wenn das keinen Umweg wert war!
Anschließend fuhren wir noch ein Stück Richtung Monument
Valley, allerdings nicht mehr sehr weit, denn es war doch
recht heiß (über 35 Grad Celsius) und wir waren schon eine
Weile auf den Beinen. Doch wo kann man übernachten? Nun, entlang der
161 und 163 gibt es genau zwei Örtchen, Bluff und
Mexican Hat. Von Nordosten kommend erreichten wir zunächst Bluff -
und waren schockiert! Kein Mensch zu sehen, der Wind wehte
lose Sträucher über die Straße, und bis auf drei Wohnwagen
keine Zivilisation. Dann tauchte eine Tankstelle auf - immerhin etwas! -
und schließlich auch ein Motel, das allerdings so schäbig war,
dass wir nur zur allergrößten Not eine Nacht dort verbracht
hätten.
So beschlossen wir, trotz Müdigkeit noch weitere 50 Meilen bis
Mexican Hat zu fahren, in der Hoffnung dass es
dort besser aussehen könnte. Doch plötzlich, am Ortsausgang
Bluff,
erschien der Lebensretter! Das
Desert
Rose Inn, ein wunderbares Hotel mit viel Atmosphäre
und allem Komfort, mitten in der Wildnis. Gott-sei-Dank. Zu
allem Überfluss entdeckten wir auch noch ein
sehr
gutes Steakhaus unterhalb der Twin Rocks, der
Hauptattraktion von Bluff (Bild oben rechts) - und der Abend
war gerettet. Nach dem leckeren Essen schliefen wir zwölf
Stunden durch. Unglaublich, wie müde die frische Luft macht.
Das Monument Valley war eine der Hauptattraktionen
unserer Reise.
Vor Jahren waren wir schon einmal dort, aber damals
war das Wetter nicht so gut, vor allem sehr windig. Diesmal
war es windstill, dafür hingen am Vormittag noch dicke Wolken
am Himmel. Machte aber nichts, denn von der Terrasse unseres
Hotels aus hatte man trotzdem einen überragenden Blick auf die
einzigartigen Felsformationen:
Wie man auf dem Bild oben sieht, verzogen sich die Wolken auch
bald, und wir wagten uns mit dem Mietwagen auf die Schotter-
und Sandpiste durch das Monument Valley. Das war ein echtes
Abenteuer, denn die "Straße" wies zahllose tiefe Schlaglöcher
auf, und dass unser Heckantrieb uns alle Sandhügel hinauf
getragen hat, kommt mir bis heute wie ein kleines Wunder vor.
Gegen
Nachmittag unternahmen wir noch eine kleine Exkursion in die
Umgebung, denn besondere Felsformationen gibt es nicht nur im
eigentlichen Monument Valley. Das ganze Gebiet war früher eine
durch Plattentektonik entstandene Hochebene. Über viele
Millionen Jahre trugen Wind, Regen und starke
Temperaturschwankungen den weicheren Sandstein ab, übrig
geblieben sind die heute zu sehenden Massive, die größtenteils
aus Kalkstein bestehen. Ihre rötliche Farbe verdanken sie
Eisenoxyd, das im Gestein enthalten ist.
Spektakulär war unser Hotel, und zwar in jeder Hinsicht. Nicht
umsonst heißt es "The
View": Jedes Zimmer verfügt über einen
schönen Blick auf die Zentralmassive des Monument
Valley, im amerikanischen "Butte" genannt. Auch das Foto vom
Sonnenaufgang oben rechts entstand vom Balkon unseres Zimmers.
Erbaut wurde "The View" von Navajo-Indianern, denen das
Land dort gehört. Wie so oft auf unserer Reise machten wir
allerdings auch hier die Erfahrung, dass "indianische
Verwaltung" ein Synonym für "teuer und unkomfortabel" ist.
Zum Beispiel klappte schon der Check-In nicht, weil das Gerät
defekt war, mit dem die als Zimmerschlüssel fungierenden
Karten beschrieben werden. Natürlich hatte man kein
Zweitgerät, die Reparatur dauerte den ganzen Tag. Dann
stellten sich die Wände als so dünn heraus, dass man jedes
Wort im Nachbarzimmer verstand. Wenn jemand Wasser laufen
ließ, röhrte es durch das ganze Hotel, als wäre nebenan ein
Testlabor für Presslufthämmer. Völliger Nepp war der
angebotene Schmuck: die "echt indianischen Ketten" trugen den
Aufdruck "Made in Italy", und Ohrringe, die wegen "original
Handarbeit" 180 $ kosten sollten, fanden wir in einem anderen
Laden in identischer Form als Modeschmuck für 6 $ (!).
Natürlich nahmen wir alles gelassen und mit Humor, aber wenn
man mit Indianern zu tun hat, sollte man wissen, was einen
erwartet.
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