Fahrt auf dem Li-Fluss
Guilin ist eine Stadt mit 600.000 Einwohnern in der
südchinesischen Provinz Guangxi. Was kann man als Westeuropäer dort
wollen,
wird sich mancher fragen. Ganz einfach: Eine Fahrt auf dem Li-Fluss
unternehmen, denn der Li-Fluss führt zwischen Zhujiang und
Yangshuo an ca. 50 Karstbergen vorbei, die in ihrer
Zuckerhutform weltweit ihresgleichen suchen. Dummerweise schüttete
es während unserer Flussfahrt wie aus Kübeln. Schlechtes Wetter ist
im Urlaub nie gut, aber auf einer Flussfahrt trifft es einen
natürlich besonders hart. Teilweise wehte uns der Wind den Regen
waagerecht ins Gesicht, so dass an einen gemütlichen Bootstörn nicht
zu denken war. Statt auf dem Sonnendeck des Ausflugsdampfers zu
stehen und die
Landschaft zu genießen, konnten wir immer nur ein paar Minuten nach
draußen gehen (Bild), um danach pitschnass wieder in den großen
Aufenthaltsraum im Bootsinneren zurückzukehren. Ausgesprochen
Schade! Umso überraschter bin ich, wie vergleichsweise eindrucksvoll
die Fotos von der Landschaft geworden sind, die sehr schön zeigen,
wie der "weiße Drache" (damit meinen die Chinesen selbstverständlich
den Nebel) sich über die Berge legt.
Neben uns Touristen trotzten auch ein paar Kormoranfischer
dem Wetter (Bild). Diese binden den Kormoranen die Kehle ab, sodass
diese die Fische, die sie aus dem Wasser holen, nicht verschlucken
können. Die Fischer müssen nichts weiter machen als die am Boot
angeketteten Kormorane ins Wasser zu lassen und zu warten, bis sie mit
einem Fisch im Schnabel wieder auftauchen. Auf diese Weise kann man
mit Sicherheit keine Reichtümer erwirtschaften, aber doch ein sehr
beschauliches Leben führen. Gleiches gilt für die zahllosen
Reisbauern in der Umgebung. Eine Fahrt durch die Reisfelder und der
Besuch eines Dorfes fielen leider dem schlechten Wetter zum Opfer.
Schilfrohrflötenhöhle
Statt dessen entschieden wir uns für einen trockenen Programmpunkt:
Den Besuch der "Schilfrohrflötenhöhle" am Stadtrand
von
Guilin. Diese verdankt ihren Namen dem Schilf, der vor ihrem Eingang
wächst und aus dem man kleine Flöten basteln kann. Zahllose Händler
bieten diese zusammen mit anderem Krimskrams an.
Die Chinesen haben sich viel Mühe gegeben, diese Höhle aufzuwerten,
indem sie die zahlreichen Stalagmiten und Stalagtiten in bunten
Farben anstrahlen, wie es offensichtlich ihrem Schönheitsempfinden
entspricht. Wir Europäer waren uns jedoch einig, dass Weniger
eindeutig Mehr gewesen wäre. Ein sehr guter Einfall war jedenfalls
die leise im Hintergrund spielende Musik. Am schönsten fanden wir
den kleinen unterirdischen See, an dessen Rand die Felsen wie die
Silhouette einer Großstadt aussehen (kleines Bild links). Als etwas
ermüdend entpuppte sich unser örtlicher Reiseleiter, der während der
Führung bei jedem zweiten Tropfstein erzählen zu müssen glaubte,
dass dieser oder jener nun wie eine Fledermaus, ein Frosch oder ein
Atomkraftwerk aussah. Insgesamt war der Besuch der Höhle aber
sicherlich das Beste, was wir aus diesem Nachmittag noch herausholen
konnten.
Impression aus der
Schilfrohrflötenhöhle:
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Fubo-Berg
Auch am nächsten Tag ließ der Regen leider nicht nach. Deshalb fiel
die Besichtigung des Fubo-Berges
sprichwörtlich ins Wasser. An schöneren Tagen kann man von diesem
mitten in der Stadt gelegenen Kartsberg aus ganz Guilin und Umgebung
überblicken. Bei Regen und Nebel sieht man hingegen fast nichts, und
so brach ich den Aufstieg nach der Hälfte der 320 Stufen wieder ab.
Mitgenommen habe ich immerhin die Geschichte des Berges, die sich um
den sagenhaften General Fubo dreht, der mit seinen Feinden
ausgemacht hatte, dass diese sich so weit zurückziehen sollten, wie
er mit seinem Pfeil schießen könne. Den Feinden kam es auf hundert
Meter mehr oder weniger nicht an, und so ließen sie sich auf das
Geschäft ein. Aber Denkste: Fubo legte an und schoss seinen Pfeil
glatt durch drei Berge hindurch! An diese sicherlich wahre
Begebenheit erinnert das Denkmal Fubos am Fuße "seines" Berges
(Bild).
Nicht unerwähnt bleiben soll auch, dass in einer Höhle unter dem
Berg einige Buddha-Statuen in den Felsen gemeißelt sind, die aus der
Zeit zwischen 600 bis 900 n.Chr. stammen (Bild rechts). Daneben finden sich einige
steinerne Inschriften, die der Forschung viel über das China von vor
tausend Jahren verraten haben. Für des Chinesischen unkundige
Touristen ist diese Attraktion allerdings weniger interessant, da
man nichts lesen kann. Es soll sich wohl um Alltagsberichte und
Gedichte handeln.
Perlenmuseum
Wer hätte gedacht, dass 90% aller Perlen weltweit aus China kommen?
So wurde es uns jedenfalls anlässlich der Besichtigung
eines
Perlenmuseums versichert, zu der wir am frühen Nachmittag
Gelegenheit hatten. Hepu heißt das Perlenzentrum der Welt.
Dort gewinnen die Chinesen Süß- und Salzwasserperlen.
Letztere sind weitaus teurer, da sie im Gegensatz zu Süßwasserperlen
sehr regelmäßig geformt sind. Ihre Farbe wird durch den Eisen- und
Kupfergehalt im Wasser bestimmt. Bei viel Eisen schimmert die Perle
gräulich, bei noch mehr Eisen fast schwarz, bei hohem Kupferanteil
pink. Natürlich gab es vor Ort wieder ausgiebige Gelegenheit zum
Einkauf, und natürlich machten viele Mitreisende ausgiebig davon
Gebrauch. Ich versuchte in der Zwischenzeit an der kleinen Bar eine
heiße Schokolade zu bekommen, wozu es nicht weniger als sechs
Chinesen und nicht weniger als zwanzig Minuten Zeit brauchte. Der
Vorgang sei kurz geschildert, weil er typisch für China ist:
Chinesin 1 nahm meine Bestellung auf und verständigte ihre Kollegin,
Chinesin 2. Diese nickte einmal und verschwand hinter einem Vorhang.
Zurück kam statt ihrer Kollege Chinese 3, der sich bei mir
erkundigte, was ich denn möchte. Jedenfalls glaube ich, dass es so
war, denn er sprach nur chinesisch. Ich zeigte also nochmals auf das
Bild mit dem Kakao. Daraufhin verschwand auch dieser Kollege hinter
dem Vorhang, und es passierte gut zehn Minuten nichts. Als ich
längst wieder gelangweilt durch die langen Reihen mit
Perlenauslegware schlenderte, sprach mich plötzlich Chinesin Nummer
4 an und deutete auf die Theke, wo - oh Wunder - mein Kakao stand.
Diesen hatte wohl Chinese 5 gebraut, jedenfalls stand hinter der
Theke ein mir bis dahin unbekannter Chinese und lächelte zufrieden.
Bezahlt habe ich dann bei Chinesin 6, die ganz verzweifelt
'dreinblickte, wobei ich nicht weiß, ob es daran lag, dass sie
meinen Geldschein nicht wechseln konnte oder dass keine weitere
Kollegin mehr greifbar war, die sie hätte verständigen können...
Wasserfallhotel
Unter dem Strich kann festgehalten werden, dass eine Fahrt auf dem
Li-Fluss bei schönem Wetter mit Sicherheit ein absolutes Highlight
der ganzen Reise gewesen wäre, denn selbst bei Regen hatte sie noch
ihren Reiz. Die Stadt Guilin selbst muss man hingegen nicht
unbedingt gesehen haben, auch wenn sie insgesamt sehr sauber war und
man - besonders in der Gegend um unser Hotel herum - sehen konnte,
dass die Stadtväter sich große Mühe mit der Anlage eines kleinen,
von viel Grün eingebetteten Teiches gegeben hatten. Untergebracht
waren wir übrigens im einzigen
Wasserfall-Hotel Chinas. Abends gegen 20.30 Uhr strömt für eine
Viertelstunde ein Wasserfall an der Fassade herunter. Ein nettes
Schauspiel, wobei wir zuerst dachten, der Regen hätte noch mehr
zugenommen, als das Wasser in Bächen an unserem Fenster herunter
rann.
Nach zwei Regentagen waren wir alle froh, als es in den Flieger nach
Xi'an ging, denn dort erwartete uns - so die Wetterprognose im
Internet - strahlender Sonnenschein.
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