Ein Flug von Puerto Maldonado nach Cusco dauert kaum
eine Stunde, und doch landet man in einer anderen Welt. Von der Hitze
und der Schwüle des Dschungels ist auf 3.600m Höhe nichts mehr zu spüren. Statt dessen atmet man
in den Anden eine
trockene, kühle und vor allem extrem dünne Luft, in der jede
Bewegung doppelt so anstrengend ist wie im Flachland.
Ich wollte es
nicht glauben, aber da ich nun selbst erlebt habe, wie
anstrengend 10 Treppenstufen in der Höhe sein können, kann ich
den Rat nur wiederholen, den man uns im Vorfeld gegeben hat:
In Cusco gilt das Motto: immer - schön - langsam!
Trotz der Höhe und der einigermaßen beschwerlichen Anreise:
Cusco ist eine Stadt, die man gesehen haben muss. 500.000
Menschen leben hier in einem Tal zwischen den Andenbergen, deren
Hänge zunehmend bebaut werden, weil Cusco wächst und wächst.
Der Blick vom Stadtrand auf das Tal ist einfach atemberaubend.
Stadtrundgang
Die Innenstadt von Cusco gehört zum Welterbe der UNESCO.
Völlig zu Recht, denn viele schöne alte Bauten aus der Kolonialzeit sind
bestens erhalten, und dass Cusco vor der Eroberung durch die
Spanier 1533 die Hauptstadt der Inka war, sieht man heute noch an
jeder Ecke. Nicht umsonst bedeutet "Cusco" in der Inkasprache
Quechua soviel wie "Nabel der Welt".
Unser erster
Gang führte zum Hauptplatz der Stadt, dem "Plaza de Armas".
Dort befindet sich mit der Kathedrale (oben links im
Bild) eines der schönsten Beispiele spanischer
Kolonialarchitektur in Südamerika. Gerade weil Cusco die
Hauptstadt der Inka war, hatte
Pizarro nach der Eroberung nichts Eiligeres zu tun, als
hier einige prunkvolle Sakralbauten zu errichten, die neben
der Verbreitung des katholischen Glaubens vor allem zeigen
sollten, wer die neuen Machthaber sind. Das Gebäude rechts
oben im Bild ist übrigens die juristische Fakultät der
Universität von Cusco. Kein
Juridicum, aber auch nicht schlecht...
Typisch für den
Plaza de Armas und ganz Cusco sind die ebenfalls noch aus der
Kolonialzeit stammenden Holzbalkone, die man überall in
der Stadt findet. Wir hatten am zweiten Abend in Cusco sogar
Gelegenheit, in einem Restaurant am Plaza de Armas zu speisen,
wobei uns ein Platz auf einem jener Balkone zugewiesen wurde. Neben dem leckeren Essen (Alpaka!)
machte vor allem der Blick über den nächtlichen Platz
und die dahinter liegenden, beleuchteten Hügel (Bild unten
links) den Abend unvergesslich. Nicht minder schön war
übrigens das Ambiente in unserem Hotelrestaurant (Bild unten
rechts).
Am
zweiten Tag in Cusco besichtigten wir einen alten
Sonnentempel der Inka, von dem bis auf einige Mauern
allerdings nicht mehr viel erhalten war, weil die Spanier ihn
weitgehend abgerissen und auf seinem Fundament eine Kirche
errichtet haben, sowie die Kathedrale von innen. Sie
verfügt über einmalige Holzschnitzarbeiten, Chor und Kanzel
haben jeweils 30 Jahre gedauert. Natürlich waren auch viel
Gold und Silber sowie einige Gemälde zu bestaunen, mit denen
die Spanier die Ureinwohner zum Christentum bekehren wollten,
indem sie biblische Geschehnisse mit lokalen Motiven
verknüpften, etwa mit Bergen im Hintergrund, die an die Anden
erinnern. Ein
besonders schönes Beispiel war ein Bild des letzten Abendmahls
Jesu, wo
Bananen und Avocados auf dem Tisch lagen, die Jesus
wohl kaum gekannt haben dürfte.
Abschließend hatten wir in einem Privatmuseum einer
reichen Kaufmannsfamilie Gelegenheit, einige Schätze aus der
Zeit vor den Inka in Augenschein zu nehmen. Wie bereits in
Lima drängte sich auch hier der Eindruck auf, dass die älteren
Kulturvölker wesentlich mehr Wert auf Kunst und Handwerk
legten als die eher kriegerisch eingestellten Inka. Anhand der
verwendeten Materialien und der Motive lassen sich die
verschiedenen Epochen relativ leicht unterscheiden (links:
Götzenstatuen aus Holz, rechts: Tonkrüge aus späterer Zeit;
man beachte die angelegten Arme der Holzstatuen, damit diese
nicht abbrechen).
Stadtrand von Cusco
Wenn genügend Zeit
bleibt, sollte man die nähere Umgebung von Cusco nicht außer
acht lassen. Zum Beispiel hat man auf einem der Hügel vor der
Stadt eine weiße Christusstatue errichtet, die
offensichtlich von der Cristo Redentor
in Rio de Janeiro inspiriert wurde.
Nicht das erste Mal, dass wir eine solche Kopie zu Gesicht
bekamen.
Kulturhistorisch wertvoller und interessanter ist aber
sicherlich die Festung Sacsayhuaman. Vor den Toren der
Stadt haben die Inka riesige Mauern aus Stein aufgetürmt. Bis
heute weiß man nicht genau warum. Handelte es sich wirklich um
die Schutzmauern einer Festung, oder hatte der Bau (auch) eine
kultisch-rituelle Bedeutung? Jedenfalls kamen die Spanier,
bevor die Anlage fertig gestellt werden konnte, und das war
keine Hilfe, denn erstens haben selbige weite Teile der
Festung abgetragen, um die Steine für ihre eigenen Bauten zu
verwenden, und zweitens haben sie zwar eine Beschreibung der
Anlage, jedoch keine Skizze ihres ursprünglichen Zustandes
hinterlassen. Man kann also nur spekulieren, wozu die Inka den
ganzen Aufwand betrieben haben. Heute feiern die Peruaner hier
jedenfalls am 24.6. ein Sonnenfest, zu dem Menschen aus
ganz Peru nach Cusco kommen, darunter immer viel Prominenz.
Um die
Bauleistung der Inka richtig einschätzen zu können muss man
wissen, dass diese weder eine Schrift noch das Rad kannten.
Ohne Schrift dürfte es logistisch nicht eben einfach gewesen
sein, die geschätzten 20.000 Arbeiter zu koordinieren, und
technisch war es bestimmt extrem anstrengend, so große Quader
ohne Rad zu bewegen (man beachte die Größe der Steine in
Relation zu den Touristen links im Bild).
Cusco ist nicht nur eine Sehenswürdigkeit für sich, sondern
auch das Tor zur weltberühmten Inkastadt Machu Piccu, die
verborgen mitten in den Anden liegt. Auf der Flucht vor den
Spaniern von den Inca um 1535 Hals über Kopf aufgegeben, wurde
sie erst 1911durch Zufall von
Hiram Bingham wieder entdeckt. Der Weg dorthin führt durch
das "Tal der Inka" entlang des Rio Urubamba. Ich
habe für mein Reisetagebuch eine kleine Karte gezeichnet, die
den Weg ab Cusco skizziert: Über Puca Pucara fährt man
zunächst nach Pisac, wo es alltäglich einen bunten,
sauberen Markt mit allerlei Waren wie Handtaschen,
Bildern, Kleidung und Andenken für Touristen gibt, der in ganz
Peru bekannt sein soll. Obwohl wir nicht unbedingt die großen
Marktgänger sind, fanden wir diesen Markt doch sehr
schön, besonders weil er so bunt ist und die Waren durchaus
von Qualität waren. Besonders Kleidung aus Alpakawolle ist
extrem flauschig! Außerdem kann man in Ruhe schauen und wird
als Tourist nicht so bedrängt wie auf vielen anderen Märkten.
In Pisac trifft
man auch erstmals auf den Rio Urubamba, an dessen Ufer man
über Calca und Yucay weiter nach Ollaytatambo
fährt. Der Weg geht in einer Berg- und Talfahrt tendenziell
bergab, von 3.600m Höhe in Cusco bis auf 2.600m in
Ollaytatambo. Unterwegs gibt es immer wieder kleine Dörfer zu
bestaunen, deren Bewohner sich überwiegend von der
Landwirtschaft ernähren. Da in der Höhe kaum etwas wächst und
der Boden nicht besonders fruchtbar ist, führen die Menschen
dort ein hartes, bescheidenes Leben. Typisch für diese Gegend
sind die dem Fels abgewonnenen Terrassenfelder, wie auf dem
Bild unten zu sehen.
Während
der Fahrt durch das Tal der Inka hatten wir auch Gelegenheit,
bei einer Bäuerin eine besondere Spezialität der Gegend zu
probieren, nämlich Maisbier, das von den Bewohnern in
einer aufwändigen Prozedur oftmals selbst gebraut und täglich
literweise getrunken wird. Um der Wahrheit die Ehre zu geben:
Es schmeckt abscheulich! Da loben wir uns den Cocatee,
der - natürlich völlig legal - aus der Cocapflanze gewonnen
wird und gut für Magen und Leber sein soll. Außerdem soll er
gegen Unwohlsein in der Höhe helfen. Ob dem so ist, sei dahin
gestellt, er schmeckt jedenfalls sehr gut.
Ollantaytambo
In Yucay gibt es zwar nichts zu sehen, dafür aber das
einzige gute Hotel im Tal der Inka, weshalb wir dort
einmal übernachteten. Touristisch Interessantes findet man
erst wieder in Ollantaytambo, einem weitern Inkastädtchen, wo
es noch ein altes Fort zu bestaunen gibt, das - ähnlich
wie die Festung Sacsayhuaman in Cusco und Machu Picchu
selbst nie fertig gestellt wurde. Zum einen kamen die Spanier
dazwischen, zum anderen herrschte zur Blütezeit Ollantaytambos
Anfang des 16. Jahrhunderts unter den Inka ein Bürgerkrieg
(weil sich zwei Söhne des 11. Inkaherrschers Huayna Cápac um
dessen Nachfolge stritten), in dem die Bauarbeiter als
Soldaten dienen mussten. Jedenfalls kann man die Ruinen von
Ollantaytambo noch heute in erstaunlich gutem Zustand
besichtigen. Es gibt Terrassenfelder, Kornspeicher, Wohnhütten
und einen unvollendetem Tempel zu sehen. Unglaublich: Der Ort
versorgt sich noch heute, knapp 500 Jahre später, über die von
den Inka angelegte Wasserversorgung mit Trinkwasser!
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